„Sweat, Baby, Sweat“ von Jan Martens beim tanzmainz-Festival
„Sweat, Baby, Sweat“ von Jan Martens beim tanzmainz-Festival

Kalter Schweiß

„Sweat, Baby, Sweat“ von Jan Martens beim tanzmainz-Festival

Kann man zugleich im Zeitraffer und in Zeitlupe choreografieren? Der Belgier Martens schafft dieses Kunststück. Er lässt ein Paar leidenschaftlich aufeinander prallen und löst diese Begegnung in einen einzigen, langgedehnten Kraftakt auf.

Mainz, 18/03/2015

Kann man zugleich im Zeitraffer und in Zeitlupe choreografieren? Der Belgier Jan Martens schafft dieses Kunststück. In „Sweat, Baby, Sweat“ lässt er ein Paar leidenschaftlich aufeinander prallen und löst diese Begegnung in einen einzigen, langgedehnten Kraftakt auf. Kimmy Ligtvoet und Steven Michel leisten Schwerstarbeit, denn nichts ist so anstrengend wie die Langsamkeit. Da klettert sie auf ihn, richtet sich an ihm auf, beide gleiten in der Hocke zu Boden, sie rollen mit- und übereinander wie in einem fremdartigen und doch so bekannt wirkenden Ritual. Die Schwerkraft als offensichtlich einziges Hindernis dieser Paar-Verschmelzung wird immer aufs Neue herausgefordert und in Gänsefüßchen oder Zentimetern schwitzend besiegt. Denn das, was so viel Kraft kostet, macht natürlich am Ende auch stark.

Nach einer halben Stunde fängt alles von vorn an, aber irgendwann finden sich die Münder zum nicht endenwollenden Kuss, der eine gefühlte Viertelstunde dauert. Als der Kontakt der Münder abreißt, springt sie ihn immer wieder leidenschaftlich an – und wird ebenso behutsam wie deutlich zurückgeschoben. Aber das ist auch schon der einzige sichtbare Interessenkonflikt – wenn man ihn überhaupt so nennen kann. Unterdessen werden auf der Videowand im Hintergrund einschlägige Liebesbeschwörungen aus Popsongs eingeblendet. Während sich das Paar in Becken-Wippbewegungen selbst auf körperlicher Distanz in gemeinsame Schwingungen versetzt, taucht zumindest im Text so etwas wie Ironie auf. Und die Luftblase aus Bewegung, in der sich diese Liebenden eingeschlossen haben, platzt am Ende nicht spektakulär, sondern eher beiläufig.

Das intensive Körpertheater der beiden Darsteller, die sichtlich akrobatische Schwerstarbeit leisteten, verfehlte beim Mainzer Festivalpublikum – das im neuen Studio „U 17“ hautnah an der Bühne sitzen konnte – seinen Eindruck nicht. Freilich war es, um beim Stücktitel zu bleiben, eher kalter Schweiß, der da floss. Für gewöhnliche Sterbliche halten leidenschaftliche Begegnungen mehr Tempo, mehr Abstürze, mehr Konflikte bereit.

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