Ein bisschen wie im Berghain
Fotoblog von Dieter Hartwig
Die Erstbegegnung mit Riki von Falken fällt in die 1990er. Sie zeigte damals Soloabende nach Plastiken des Bildhauers Günter Anlauf, so „Die Haarausbreitende“ und „Der viereckige Stier“. In einer anfangs eher verstörenden Sparsamkeit, Kargheit und Reduktion der Bewegung. Die winzigste Geste gewann Bedeutung und zwang, genau hinzusehen, mitzuvollziehen, was da auf der Szene geschah, sich seine eigene Deutung zu erschließen. Ein Abwinkeln des Armes, eine Drehung des Fußes, eine Wendung des Kopfes nur - dem ballettgeschulten, tempogewohnten Betrachter eine Herausforderung und zugleich Bereicherung in der Tiefe und Ernstheit des Vortrags. Man musste Riki von Falken, die körperschmale, schnörkellose Interpretin, einfach respektieren in ihrer Art, sich auszudrücken. Die hat sie, die studierte Sozialpädagogin aus NRW, sich hart erkämpft: mit über 20, in den Anfängen der Tanzfabrik, einer revolutionären Westberliner Kommune aus gemeinsamem Leben und Forschen nach der dezidiert zeitgenössischen Bewegungssprache.
In den Jahren danach ist Riki von Falken, allen Wechseln und Moden ungeachtet, ihrem Stil treu geblieben. Sie war in einer bisweilen hektisch umtriebigen Szene die Konstante, der man vertrauen konnte. Hatte die Tänzerin seit jeher eine starke Affinität zur bildenden Kunst, vertiefte sich diese Beziehung durch den mittlerweile zum Lebenspartner gewordenen Günter Anlauf. Seinen Tod und die langen Krankenhausaufenthalte zuvor suchte sie durch drei intime, dennoch formstrenge Solostücke ohne jede Sentimentalität zu bewältigen: „White Linen“, „Wach“ und „one more than one“. Noch zwingender wurde dabei ihr Tanz, analytischer auch, trotz aller emotionalen Motiviertheit. Dass Riki von Falken, die letztes Jahr 60 geworden ist, inzwischen als Pädagogin international eingeladen wird, nach Neuseeland, Kamerun, Brasilien, gehört auch zu den lebensichernden Fakten. Bei einem solchen Arbeitsaufenthalt in Kuala Lumpur lernte sie einen jungen Tänzer kennen, mit dem gemeinsam das Duett „ECHO. It's just a temporary thing“ entstand, heiterer, gelöster, das mittlerweile rund um den Globus tourt. Der Tanz des Einen ist dabei das Echo auf den Tanz des Anderen und zeigte von Falken in neuer Lebensfreude und frischer Tanzlust, obwohl wieder mit tänzerisch dichtem Konzentrat nach intensiver Recherche.
Es ist mehr als gerecht, dass von Falken Anfang des Jahres den erstmals verliehenen Preis der Willms Neuhaus Stiftung gewann. Sie wisse um die Bedeutung des Raums, innere Befindlichkeiten aufzuspüren und ihnen in minimalistischer Form künstlerische Ausdruckskraft zu verliehen, heißt es in der Begründung. Das trifft auch auf „one more than one“ zu, den Schlussteil jener Trilogie, den sie rekonstruiert hat und der nach der Gestalt von Erinnerung fragt.
26.2.-1.3., Uferstudio 1, Uferstr. 8/23, Wedding, Karten unter 01805-700 733, www.rikivonfalken.com
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