3. Preis und Publikumspreis:  „Some think completly different“ - Besim Hoti / Hsin-I Huang, Netherlands/Taiwan

3. Preis und Publikumspreis:  „Some think completly different“ - Besim Hoti / Hsin-I Huang, Netherlands/Taiwan

Wichtiger Schritt auf dem Weg zur Choreografenkarriere

Pick bloggt vom 29. Internationalen Wettbewerb für Choreographen in Hannover

Der 1. Preis geht an „Pishpesh“ von Eyal Dadon aus Israel

Hannover, 30/06/2015

Im September wird der Choreographische Wettbewerb bzw. der Trägerverein 30. Geburtstag feiern und die Landeshauptstadt hat allen Grund stolz darauf zu sein! Denn diese Einrichtung ist der legitime Nachfolger des Wettbewerbs in Köln, der durch Dummheit der städtischen Kulturbehörde eingegangen ist, da wünsche ich doch den Ausrichtern in Hannover schon jetzt weitere 30 Wettbewerbe!

Es gab in diesem Jahr wenig Neues, was die Organisation usw. betrifft. Stattgefunden hat das Ganze wieder im „Theater am Aegi“, das normalerweise Musical beherbergt, aber für Tanz gut geeignet ist und wie immer sorgten einige Damen des Vereins für die Künstler mit allerlei Snacks und selbstgebackenen Kuchen. Was mich sehr daran erinnert hat, wie es war, als ich beim National Ballet of Canada engagiert war und wir bei der jährlich stattfindenden Ontario-Tour in den dortigen Bespieltheatern auch so freundlich von den Mitgliedern der NB-Guild verköstigt wurden und oft genug nach der Vorstellung ins Haus von wohlhabenden Mitgliedern zu einer „Reception“ geladen waren.

Zurück nach merry old Germany, wo ja auch am liebsten nur noch alles in Englisch gesagt wird. Nicht so von dem Mann, der zum zweiten Mal den Conférencier gab und als er mich im Publikum entdeckte, freundlicherweise bemerkte, jetzt sei auch noch sein schlimmster Kritiker da. Hier also, lieber Benito, die Retourkutsche, denn meine „Kritik“ damals war wohlgemeinte Hilfe für den ziemlich nervösen Debütanten, der sich in zu lange Interviews mit den Choreografen verwickeln ließ. Bei allem Interesse, etwas von den Choreografen zu erfahren, die natürlich auf solche Fragen nicht vorbereitet waren oder sie nicht gut verstanden, wurde das Ganze daher unnötig lang. So, lieber Benito Marcelino, jetzt kann ich Dir sagen, dass dieses Jahr alles super ablief und allen, die nicht dabei waren: es gibt wohl keinen anderen, der diese Rolle besser füllen könnte, als er. Denn dieser gutaussehende Mann hat eine Nonchalance, mit der er die Ansagen macht, die unnachahmlich ist und wohl kaum zu überbieten. Und für alle, die Benito nicht haben tanzen sehen: er tanzte zuerst in Frankfurt/Main und dann mit den besten, bekanntesten der Solistenriege des Stuttgarter Balletts, vorneweg Marcia Haydee, der Direktorin. Sie haben jetzt immerhin das Glück zu sehen, was so ein Tänzer auch kann, nämlich gute Fragen stellen.

Zurück zur Gegenwart: ich habe in diesem Jahr nur einen Teil der Vorrunde gesehen, was ich bedaure, aber sie fand am selben Abend statt wie die jährliche Gala in Osnabrück. Man kann eben nicht auf zwei Hochzeiten tanzen. Ich fange mal an, wen ich aus der Vorrunde vermisst habe: da war zunächst einmal ein polnisches Trio, das aus Supertänzern besteht, mit einer witzig bis dramaturgisch bestens gebauten Choreografie von Robert Bondara. Mir ist besonders unverständlich, dass außer dem Beitrag „Systemaniaks“ von Tillmann Becker aus Braunschweig nur Duette ausgewählt waren aus den 160 Video-Bewerbern. Ed Wubbe ist als künstlerischer Leiter für die Zusammenstellung der Endrunde verantwortlich. Da sind ja heutzutage sogar die sonst so stupiden Galas interessanter. Und auch bei der Vorauswahl sollte man vielleicht mehr darauf achten, dass Gruppenchoreografien, wenn sie sich bewerben, besondere Beachtung finden sollten. Es ist kein Kunststück aufregende Stückchen abzuliefern, wenn man gute Solisten hat, siehe „Hugin/Mugin“ vorgetragen von zwei Chinesen aus Taiwan, das mit seinen akrobatischen Einlagen und dem absolut kitschigen, sich bauschenden und kringelnden Tuch aus Seide ohne Zweifel besser in ein Varieté passt, als in die Endrunde eines Choreografen-Wettbewerbs.

Eine wirklich erstaunliche Arbeit kam aus Braunschweig mit dem Titel „The Fish Bowl“, die nach dem englischen Text eines Ertrunkenen das Adagietto von Gustav Mahler zur Grundlage hat und dieses mal nicht verkitscht, sondern ernst nimmt. Besser als der Film, der diese Musik erst berühmt gemacht hat, „Tod in Venedig“ von Visconti. Die Choreografie von Sarah Angius wurde von ihr selbst getanzt und von Gemma Miro Roca gestaltet.

Ein anderes Stück, das beim Publikum großartig ankam, war „The Beauty & The Beast“ mit Musik aus u.a. „Onegin“ von Tschaikowsky zur Verbalhornung des bösen Beauty-Mädchens und den Schwierigkeiten, die sie mit ihrem Kerl-Biest hat, der fremdgeht. Choreografiert von Martin Harriague und irre gut getanzt von Frida Dam Seidel und Niv Elbaz.

Nun ein anderes Stück, das eigentlich nicht in die Endrunde passte: von den Choreografen Hsin-I Huang und Besim Hoti exzellent vorgeführt in Hip-Hop und Street Dance Manier mit allerlei tollen Tricks und daher tatsächlich „Some think completely different“ aber eher was für ein gehobenes Show-Biz. Ich möchte nicht missverstanden werden, aber ich dachte doch dieser Wettbewerb sei erfunden worden für Choreografen wie Marco Goecke (der es auch nicht ins Finale schaffte, wie Benito dankenswerter Weise in Erinnerung brachte), um den ersten wichtigen Schritt zu machen hin zu einer Karriere. Ich habe durchaus nichts dagegen, dass Unterhaltung dabei ist, im Gegenteil! Aber es sollte doch etwas mit Theater zu tun haben und nicht Eislaufen auf Socken!

Die Gewinner
1. Preis: „Pishpesh“ – Eyal Dadon, Israel
2. Preis: „+“ & „PLUS“ – Xin Xie, China
3. Preis: „Some think completly different“ – Besim Hoti / Hsin-I Huang, Netherlands/Taiwan
Kritikerpreis: „WWW“ – Simone Wierod, Denmark
Publikumspreis: „Somethink completely different“ – Besim Hoti / Hsin-I Huang, Netherlands/Taiwan und „+“ & „PLUS“ – Xin Xie, China
Scapino-Produktionspreis: „The Beauty and the Beast“ – Martin Harriague, France
Der Produktionspreis des Bundesjugendballetts sowie der Gauthier Dance // Dance Company Theaterhaus Stuttgart Produktionspreis werden zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben.

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