„Where There's Form“ von Aszure Barton

„Where There's Form“ von Aszure Barton

Dialogische Verbindung

Weltpremiere der kanadischen Choreografin Aszure Barton zum Abschluss des Internationalen Sommerfestivals

Drei Tänzerinnen, sechs Tänzer und zwei MusikerInnen treffen sich in „Where There's Form“ zu einem fast meditativen musikalisch-tänzerischen Dialog in der Hamburger Kampnagelfabrik.

Hamburg, 28/08/2019

Schon der optische erste Eindruck ist prägend: Straff gedehnte Bänder – zwei weiß, eines grün – spannen sich, in der Bühne verankert, diagonal durch die K6 der Hamburger Kampnagelfabrik (Bühne und Licht: Nicole Pearce). Ein Symbol der Verbindung und des Verbundenseins. Und unter diesem Motto kann man den anderthalbstündigen Tanzabend sehen, den die kanadische Tänzerin und Choreografin Aszure Barton innerhalb von acht Probenwochen auf und für Kampnagel erarbeitet hat. Das Verbindende erstreckt sich auch auf die Musik: Volker Bertelmann alias „Hauschka“ spielt am präparierten Flügel eine Eigenkomposition in bester Minimal-Music-Tradition, stellenweise begleitet von der Cellistin Insa Schirmer.

„#WTF Where There’s Form“ hat Barton ihre jüngste Kreation genannt, wobei der Hashtag etwas verwirrt – denn die Abkürzung steht ja normalerweise für etwas ganz anderes (what the fuck? dt: was zur Hölle?) und entspricht so gar nicht dieser sanften, fast meditativen Choreografie. Eine der Tänzerinnen beginnt, sich auf dem hellen Tanzteppich zu leise und monoton einsetzenden Klängen zu bewegen, weich und fließend, still auf sich konzentriert, während die anderen noch am Rand entlang gehen und erst nach und nach auf die Bühne kommen. Paare und andere Formationen finden sich und gehen wieder auseinander, hin und wieder treffen sich auch alle zu einer synchronen Bewegungspassage. Es ist ein Kommen und Gehen, ein Miteinander und Nebeneinander mit ineinandergleitenden Bewegungen. Es ist ein Ausgrenzen und Integrieren. Ein Formen und Auflösen.

Ein zugewandter, bewegender Dialog zwischen neun Körpern und zwei Instrumenten, entschieden und doch behutsam, entschlossen und doch geduldig im Umgang miteinander. Denn jeder Tänzer, jede Tänzerin bringt eine eigene Note in diesen Bewegungskanon, der sich ständig durchmischt, immer wieder neue Bilder kreiert, neue Assoziationen weckt, unterstrichen durch schlichte, leichte Kostüme (Susanne Stehle), die im Verlauf des Abends immer mal wieder wechseln.

Ab und zu nimmt einer der Tänzer eine Kamera und projiziert Bilder auf eine große Kreisfläche im Hintergrund der Bühne: das Publikum, die TänzerInnen, den Musiker, die Cellistin – mal in Nahaufnahme, mal aus der Totalen oder über eine zweite Kamera von oben. So ergeben sich immer neue Aus- und Einblicke in das harmonische Miteinander und Umeinander.

Man merkt der Choreografie an, wie durchdacht sie ist und auf welch umfangreiche Erfahrung Aszure Barton trotz ihrer erst 44 Jahre zurückblicken kann: Sie arbeitete schon für und mit Mikhail Baryshnikov, das Alvin Ailey American Dance Theatre, das English National Ballet, das Nederlands Dans Theater, das National Ballet of Canada, die Martha Graham Dance Company und last but not least das Bayerische Staatsballett. Die neun erkennbar klassisch ausgebildeten und wunderbar einfühlsam agierenden TänzerInnen setzen ihre Ideen kongenial um. Ein berückend schöner Abend, der das Publikum zu standing ovations für alle KünstlerInnen hinriss – zu Recht!
 

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