Den Tanz nach vorne bringen
Das Spielzeitheft Nr. 3 ist erschienen!
Niemand hätte gedacht, dass 25 Jahre nach Gründung von tanznetz.de die Theater geschlossen sind und kein analoger Tanz stattfinden darf. Dass wir stattdessen gestreamte Vorstellungen, die gleichzeitig überall in der Welt gesehen werden können, anschauen und rezensieren. Dass wir weiterhin fast täglich über Tanz berichten, weil die Tanzszene dem Virus trotzt und weitermacht. Rückblickend ist es ein weiter Weg, den tanznetz seit seinen ersten Tagen gegangen ist. Vor einem viertel Jahrhundert waren einige unserer jetzt aktiven Mitstreiter*innen noch gar nicht geboren oder saßen im Laufstall, als ihre Eltern eine Tanzzeitung fürs gerade aufkommende Internet planten. Es hatten nur wenige Menschen in Deutschland einen Internetanschluss, man bezahlte pro Minute Surfen im Internet und das Wort Flatrate war hierzulande noch unbekannt. Die Vorstellung eines Tages Fotos oder Filme im Netz hochladen zu können war verwegen und als das nach etlichen Jahren soweit war, kostete der Trailer einen Haufen Geld - pro Einzelabruf wohlgemerkt. Der Hype ums Internet war groß, einige Menschen wurden reich, um die Jahrtausendwende platzte die Blase erst einmal und viele Hoffnungen bezüglich des Internets ebenso.
Was blieb waren die treuen Mitstreiter*innen von tanznetz.de! Über die Jahre meldeten sich Kritiker*innen, Fotograf*innen und Filmschaffende in der Redaktion, die mitmachen wollten. Angeworben haben wir niemanden. Wie denn auch? tanznetz.de wird finanziell weder von seinen Leser*innen noch von einer öffentlichen Förderung getragen. So trugen also die Text- und Bildkorrespondent*innen, unsere Moderator*innen und Programmierer diese Community. Und wie! Heute sind wir Europas größte Tanzplattform für künstlerischen Bühnentanz im Internet. Täglich publizieren wir News, Kritiken, Blogs und Fotos, Termine und Foreneinträge und es gibt kaum noch jemanden aus der Tanzszene im deutschsprachigen Raum, der unsere Plattform nicht nutzt. Darauf können wir stolz sein!
Wir hatten berühmte Mitstreiter wie Horst Koegler oder Jochen Schmidt, erfreuen uns an renommierten Tanzfotograf*innen wie Ursula Kaufmann, Gert Weigelt, Holger Badekow und Dieter Hartwig. Aber auch eine Riege von Tanzschaffenden wie Patricia Kapp, Berry Doddema, Günter Pick, Bettina Preuschoff, Terry Pfeiffer und Antonio Di Carmine, die nicht aus dem Journalismus kamen, aber Texte und Kolumnen oder Moderation für die Foren beitrugen, machte tanznetz zu etwas anderem als einer Ballettzeitung im Internet – zu einem Hybrid aus Community, Branchentreff und journalistischer Online-Präsenz. Inzwischen vergrößert sich die Gruppe der Tanzwissenschaftler*innen in der Redaktion, die seit dem Weggang der langjährigen Kritikerin und Redakteurin Angela Reinhardt von Miriam Althammer, Anja Arend, Natalie Broschat, Deike Wilhelm und Peter Sampel getragen wird, und legt den Schwerpunkt wieder neu.
Heute kann man in unserer Datenbank 6953 Kritiken, 1292 News, 1591 Einträge über Leute, 1547 Themenbeiträge und 1607 Blogs (von denen noch immer Horst Koegler den Löwenanteil verzeichnet) lesen. Die „neue“ Rubrik Kurznachrichten verzeichnet schon 119 Einträge. Unser Archiv präsentiert 25 Jahre Tanzgeschichte, die dringend aufgearbeitet und kontextualisiert werden sollte. Zeitweise tragende Säulen unserer Internetgemeinschaft wie Horst Koegler, Bernd Krause, Jochen Schmidt, Patrica Kapp und Ulrich Völker sind im Laufe der Jahre verstorben. Nicht nur ihre Beiträge gilt es zu sichern.
Aber auch unsere Leser*innen sind aktiv, sie verfassten bisher 399 Publikumsrezensionen. Außerdem erhitzen sie ihre Gemüter in zehntausenden von Forenbeiträgen, in denen die Fans über ihre Lieblingskompanien streiten, Eltern sich über die Ballettausbildung ihrer Kinder austauschen, Jugendliche sich über die richtige Tanzausbildung informieren und vieles mehr. Die Anhäufung von Wissen und Information in den so unterschiedlichen Forenrubriken wie Tanzausbildung, Tanzmedizin, Ballettschule und Management, um hier nur einige zu nennen, ist bemerkenswert.
Wir sind stolz auf die Tanzszene im deutschsprachigen Raum, die unser Portal mit Beiträgen, Ideen und Kritik trägt und ständig vergrößert, auch wenn das in der aktuellen Krise des Journalismus nicht immer einfach ist. Daher sind viele von uns auch aktive Mitglieder bei Tanz.Media, einem Verein für den Tanzjournalismus, der auf allen Ebenen hilft, die Qualität und Unabhängigkeit der Berichterstattung und der Kritik zu wahren.
Weil wir in der aktuellen pandemischen Situation nicht feiern dürfen und mögen, möchten wir das Jubiläum im Netz und in den sozialen Medien ein Jahr lang zelebrieren: mit Beiträgen zu analogen und digitalen Tanzerlebnissen, mit Online-Events, Verlosungen, Parties und hoffentlich zum Jahresende einem Relaunch, der tanznetz.de technisch, grafisch und inhaltlich zeitgemäßer spiegelt. Wir wünschen uns, dass Sie liebe Leser*innen dabei sind. Bis dahin ganz nach Pina Bausch – tanzt, tanzt sonst sind wir verloren!
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