„Dancing Heartbeats“: Viola Luise Barner in ihrer Wohnung in Marseille

Sichtbar werden

Mit „Dancing Heartbeats“ ist seit 9. Mai ein Film in den Kinos, der endlich die Frauen im Breakdance würdigt

In der Männerdomäne Breakdance mussten Frauen bisher viel Durchsetzungskraft beweisen. Regisseurin Lisa Wagner zeigt, wie sich drei Frauen den Platz erkämpfen, der ihnen schon lange zusteht.

Frauen waren im Breakdance über viele Jahre hinweg mehr schmückendes Beiwerk als aktiv Beteiligte. Nicht nur die Tänzer selbst waren Männer, sondern auch die Lehrer und die Schiedsrichter. Seit einiger Zeit ändert sich das jedoch – dank mutiger Frauen, die sich ihren Platz beim „Breaken“ erarbeitet und erkämpft haben. Der Dokumentarfilm „Dancing Heartbeats“ zeichnet das jetzt am Beispiel von drei Frauen nach: Jilou Rasul („B-Girl Jilou“), Frieda Frost („B-Girl Frost“) und Viola Luise Barner („B-Girl Viola“). Er begleitet sie über mehrere Monate hinweg auf ihrem Weg: im Training, bei Battles (den Zweikämpfen, bei denen es nicht nur um spektakuläre Moves, sondern vor allem um den unverwechselbaren, individuellen Stil geht) und im Privaten. Er zeigt ihre Stärken, aber auch ihre Schwächen, vor allem aber macht er die „B-Girls“ endlich sichtbar in dieser männerdominierten Breakdance-Welt, in der es vor allem um Power geht – in jeder Hinsicht.

Alle drei haben im Teenager-Alter mit dem Breaken angefangen. „Das Breaking gibt dir eine gewisse Familienstruktur, die du zuhause vielleicht nicht findest, oder die nicht so ist, wie du es dir wünschst, oder weil du etwas anderes suchst“, sagt Frieda zu den Gründen, warum sie zum Breaken gekommen ist. „Im Batteln konnte ich alles rauslassen, die familiäre Situation war echt nicht einfach, und ich brauchte ein Ventil.“ Frieda ist, so das Presseheft, ein „B-Girl der ersten Stunde“ und Mitbegründerin der am längsten existierenden B-Girls-Crew Europas, den „Dirty Mamaz“. Sie hat auch das erste nur aus Frauen bestehende Hip-Hop-Tanztheaterkollektiv „Nutrospektif“ initiiert. Aufgrund einer Knieverletzung musste die heute 39-Jährige das Breaken einschränken und fand in der Corona-Zeit einen Job beim Goethe-Institut in Marokko, wo auch ihr Freund lebt. Sie gründete eine Tanzkompanie und schreibt an ihrer Promotion über Bewegungsabläufe im Breaking.

Aussicht auf Olympia 2024

Jilou Rasul (30) entwickelte professionellen Ehrgeiz und hat inzwischen den Sprung an die Spitze geschafft: Sie trainiert für Olympia 2024 in Paris und hat beste Aussichten, in den Kader aufgenommen zu werden (Breakdance ist zum ersten Mal Bestandteil der Olympischen Spiele). Auch ihr Weg war alles andere als einfach. Aufgewachsen in schwierigen Familienverhältnissen musste sie früh lernen, sich durchzusetzen. „Die Frauen, die sich im Breaken durchbeißen, haben etwas Amazonenmäßiges“, sagt sie im Film. Es sei eine Identifikation mit etwas, das gesellschaftlich nicht als weiblich angesehen wird: stark sein, selbstbewusst, wild. „Mir kann keiner sagen, ich könnte das nicht.“ Da die meisten Lehrer immer noch Männer sind, gehöre eine große Portion Selbstvertrauen dazu, sich zu bewähren. Jilou arbeitete hart an ihrer Karriere, bei den Weltmeisterschaften in Paris stand sie 2023 als Dritte auf dem Siegerinnenpodest.

Viola Luise Barner (33) tanzt, seit sie laufen kann, zum Breakdance kam sie aber erst als Jugendliche nach einer wilden Zeit mit Partys und Kiffen, und der Trainingsraum in Köln wurde für sie zu einem neuen Zuhause. Sie ist froh, dass sich Frauen ihren Platz in der Breakdance-Welt erkämpft haben: „Die Mädels können heute in zwei Jahren lernen, wofür ich sechs bis sieben Jahre gebraucht habe“, sagt sie im Film. „Weil sie Mentoren haben, die ihnen etwas beibringen, auch welche Bewegungen sie für die Battles brauchen, um sie zu gewinnen. Sie werden ganz schnell besser als du selbst.“ Eine Zeitlang hat Viola in Brasilien gelebt und mischt den Breakdance mit Capoeira, ständig auf der Suche nach einer eigenen künstlerischen Identität. Heute hat sie diese gefunden: sie arbeitet vorwiegend als Tänzerin und Choreografin und reist von ihrer Wohnung in Marseille durch die Welt.

„Dancing Heartbeats“ – das ist ein überaus sehenswerter, begeisternder und ermutigender Film – nicht nur für diejenigen, die sich für Breakdance interessieren, sondern gerade für diejenigen, die bisher noch nicht viel darüber wussten.

Dancing Heartbeats
Dokumentarfilm, deutsch, 90 Minuten
Regie: Lisa Wagner
Drehbuch: Elke Brugger und Lisa Wagner nach einer Idee von Elke Brugger
Produzent: Lino Rettinger, Lichtblick Film

 

Kommentare

Noch keine Beiträge