Osterfestspiele 2024, Salzburg: Probe zu 3. Akt Oper „La Gioconda“ von Amilcare Ponchielli. Tanz: Ludmila Konovalova und Tänzer*innen von SEAD DANCE

Osterfestspiele 2024, Salzburg: Probe zu 3. Akt Oper „La Gioconda“ von Amilcare Ponchielli. Tanz: Ludmila Konovalova und Tänzer*innen von SEAD DANCE

Wirbel bei den Salzburger Festspielen

Strukturreformen müssen Tanz künftig sichtbar machen

Nach der Kündigung von Schauspielchefin Marina Davydova stehen die Salzburger Festspiele vor Strukturreformen. Diese müssen auch endlich den Tanz berücksichtigen, findet tanznetz-Autorin Andrea Amort.

Salzburg, 13/12/2024

Nach der überraschenden Kündigung von Schauspielchefin Marina Davydova Ende November gehen die Wogen in den (österreichischen) Medien hoch. Standard und ORF berichteten zuletzt vergangenen Mittwoch. Die offizielle Begründung der „Fristlosen“ besteht in einer angeblich nicht gemeldeten, zusätzlichen (ehrenamtlichen) Tätigkeit bei einem Berliner Performancefestival. Wie genau da die Absprachen ausgesehen oder nicht ausgesehen haben, kann hier nicht überprüft werden. Mittlerweile gibt es eine außergerichtliche Einigung. 

Dennoch ein guter Anlass, um bei den prinzipiellen Strukturreformen, die immer wieder, nun aber explizit von der Tageszeitung Der Standard gefordert werden, auch auf die Situation des Tanzes bei den Festspielen zu schauen. Nicht nur das Schauspiel ist ein „armes Stiefkind“, auch der künstlerische Tanz ist es, und zwar in einer noch ganz anderen Weise. 

Tanz ist mal Oper, mal Schauspiel

Der Tanz ist offiziell im Kartenangebot als Sparte bei den Salzburger Festspielen gar nicht vorhanden. Er läuft, so er läuft, entweder unter „Oper“ oder unter „Schauspiel“ und ist zunächst einmal schwer zu finden. Damit kein falscher Eindruck entsteht: Diese Missachtung hat ursächlich mit Marina Davydova nichts zu tun, sie hat da einfach die Tradition weitergeführt, die Festspiel-Gründer Max Reinhardt bereits in den 1920er Jahren angelegt hatte. Selbst Margarete Wallmanns 1931 beauftragte abendfüllende Uraufführung „Das jüngste Gericht“ firmierte nicht unter Schauspiel aber unter Oper und lief als Matinée im Festspielhaus. 

Einer der Gründe, dass es bis zum heutigen Tag die Kategorie „Tanz“ nicht im Kartenangebot der Salzburger Festspiele gibt, dürfte nicht nur im fehlenden Bewusstsein der Leitung liegen. Sinngemäß: „Tanz macht man doch einfach nebenher mit!“ Auch das mangelnde Budget für eine veritable tanzdramaturgische Position wird wohl mitspielen. Da nützt es wenig, wenn mittlerweile für die Jahre 1927 und 1931 der Balken Tanztheater im Online-Archiv der Salzburger Festspiele eingezogen wurde, der aber sonst keine weiteren Jahre aufweist. Gar unter Konzert verbucht sind dort beispielsweise Jiri Kyliáns legendäres Gastspiel mit dem Nederlands Dans Theater im Haus für Mozart 1991 oder Anne Teresa De Keersmaekers Gastspiel 2021. 

Fehlende Exklusivität

Bei aller Wertschätzung für Marina Davydova war man letzten Sommer, angesichts ihres ersten Schauspiel-Programms mit zwei Tanz-Gastspielen, darunter der 2015 mit dem Dortmunder Ballett herausgekommene „Mitsommernachtstraum“ von Alexander Ekman, nicht versucht, nach Salzburg fahren. Die Exklusivität mit der die Salzburger Festspiele gerne punkten, schien hier aus der Sicht von Tanzexpert*innen nicht gegeben. Im Sommer 2025 nimmt sich Davydovas zweites und wohl letztes Tanz-Programm bestimmter aus: Lucinda Childs gastiert im August mit „Four New Works“, die soeben auch im Haus der Berliner Festspiele liefen. Zu den Salzburger Pfingstfestspielen im Juni hat die künstlerische Leiterin Cecilia Bartoli erneut Tanz eingeladen. John Neumeiers „Tod in Venedig“ läuft dort, drei Mal darf man raten, unter Oper.

Probleme dieser Art hat Nikolaus Bachler nicht. Seit seiner Übernahme der Salzburger Osterfestspiele wird dort Tanz programmiert und als solches auch annonciert. Unter „Tanz“ findet sich 2025 das Ballet Preljocaj mit „Requiem(s)“ am 17. April in der Felsenreitschule.

 

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