Die Lustigkeit ist ein Problem
„It“s not funny“ von Meg Stuart bei den Salzburger Festspielen
Gewöhnlich werden Gräber zugemacht. Stille kehrt ein. Wenn Jan Fabre sich nun bei den Salzburger Festspielen mit dem Tod befasst, reißt er Verschlossenes auf und entlädt weniger Schmerz als Galgenhumor gepaart mit Zynismus.
Meditativ ist an dem zweistündigen Abend, der viel mehr dem Tanz und der Performance entspricht als dem Genre der Oper wie die Festspiele meinen, gar nichts. Der flämische Allrounder, der in Salzburg im Rupertinum und in den Mauroner-Galerien mit szenisch-archivierter und bildender Kunst vertreten ist, gebärdet sich laut und exzessiv: Als müsste er dem Publikum deutlich machen, dass der Tod nur als Farce begreifbar ist. Eine wilde Mischung setzt er da mit 24 intensiven Tänzern, Schauspielern und Musikern (Musik von Serge Verstockt, vor allem Heavy Metal-Gitarren) auf die enorm breite Bühne der Felsenreitschule.
Den Anfang, wobei sich Fabre am liturgischen Aufbau eines Requiems orientiert, bestimmt noch die Schönheit von Tausenden von Blumen. Deren Duft und Feuchtigkeit hängen in der Luft. Aus den Gräbern aber recken sich nackte Arme, dann die ganzen Menschen. Von da an empfiehlt sich Fabre als Berserker und Wüterich, aber auch als einer, der den Tod mit allen theatralischen Mitteln bannen will.
In Stationen schickt er den so genannten Doktor-Philosophen (Aleksander Pavlini) durchs Themen-Getümmel. Der spricht vom Surrealismus des Todes aber auch von der Idee, über die Natur nach dem Tod weiterzuleben. „Die Wirklichkeit ist nicht alles.“ Ein hämisch-geifernder Schmetterling (Linda Adami) mit goldenem Zylinder erweist sich als Entertainer dieses bunt-schrillem „Fest des Todes“.
Fabre, der stets das Entgrenzende sucht, ist übermäßig wie der Jedermann am Salzburger Domplatz. Seine Herrlichkeiten aber sind die Kritik mit dem Geschäft am Tod von der Leichenbestattung bis zum gierigen Klerus, von der Toten-Visagistin bis zur verpflichtend guten Nachrede durch die Hinterbliebenen: „Saddam Hussein war Dichter und Widerstandskämpfer.“ Angelehnt an den mittelalterlichen Totentanz bewegen sich die Witwe und der Steinmetz, die Sozialarbeiterin und der Blumenhändler, der Priester und eine Reihe weiterer mit dem Sterben in Verbindung stehender Figuren wie unüberwindbare Zutaten zum Leben durch den Abend. Der Tod ist nicht heilig, die Aussicht auf eine Metamorphose schon eher.
Fabre will zu viel unterbringen in seinem Totentanz: Nebst einem kritischen Resümee sämtlicher Requiem-Gestaltungen sollen auch Zeit-Dokumente wie John Lennons Ermordung oder die Tsunami-Katastrophe Gegenwart unsterblich machen. Trotz der inhaltlichen Dichte gibt es so manche Länge an diesem durchaus denkwürdigen Abend. Doch Fabre hält durch und reißt die zweite Hälfte des Bilderbogens mit dem Entschluss, den Tod mit einer Show auszutricksen, noch einmal hoch.
Am Ende baut sich ein makabres Leichenbegängnis mit Skeletten auf. Und den krachenden Showdown beschließt ein heftiger Girlanden-Regen. Des Todes kann keiner Herr werden, Fabre hat es versucht.
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