Daniela Kurz mit „The Fall of the House of Asher“

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Nürnberg, 23/06/2001

Wunderdinge vernahm man aus Nürnberg über Daniela Kurzens „The Fall of the House of Usher“, Tanzstück nach der Oper von Philip Glass. Ich hatte die Stuttgarter Freilichtaufführung im Hof des Alten Schlosses gesehen und beschlossen, nicht hinzufahren: ein Produkt der Philip Glass´schen Opernmanufaktur, wie gehabt. Doch dann kamen die Berichte: Mundpropaganda, ein paar Kritiken...

Also auf nach Nürnberg! Dort zwei Stunden lang (inklusive überflüßiger Pause) Totalfaszination: das Modell einer perfekt integrierten Operntanzaufführung, in der alle an einem Strange zogen: Edgar Allen Poe als Lieferant der literarischen Vorlage, Philip Glass (zusammen mit dem Kolibrettisten Arthur Yorinks) als musikalisch-theatralischer Aufbereiter der Erzählung, Derrick Inouye als Dirigent, Daniela Kurz als Choreographin und Regisseurin, Benita Roth als Ausstatterin, die fünf Gesangssolisten, die fünfzehn Tänzerinnen und Tänzer des Balletts Nürnberg (die nennen sich wirklich noch so) und die Glass-Combo der Nürnberger Philharmoniker.

Oper? Musiktheater? Ballett? Tanztheater? Alles das und so viel mehr: ein Gesamtkunstwerk! Es sind phantastische Bilder, die, gleichsam aus der Musik herausquellend, auf der Bühne Bewegungsgestalt annehmen. Die die Innenwelt des Stoffes und der Musik auf die Bühne projizieren als einen Prozess der lawinenartig fortschreitenden Schizophrenie des Roderick Usher – in geradezu narkotisierend wirkenden Klängen und Gestalten, deren menschliche Charakteristika sich mehr und mehr den lemurenhaften Kreaturen annähern, die da aus den Lüften herbeisegeln und aus dem Abgrund ans Bühnenlicht drängen – bis wir selbst im Zuschauerraum das Gefühl haben, dass uns der Boden unter den Füßen entzogen wird. Eine unheimliche Atmosphäre breitet sich aus – inspiriert durch die Textvorlage Edgar Allen Poes, die Bildphantasmagorien Max Ernsts und Magrittes, die Spannungsdramaturgie Alfred Hitchcocks.

Von einer geradezu traumatischen Perfektion in der Ausführung sowohl der Musiker und Vokalisten wie der Tänzer. Kaum zu fassen, was Kurz ihrem Hauptdarsteller, dem Charaktertenor Eberhard Lorenz als Roderick Usher zumutet, der ja eine höchst strapaziöse stimmliche Partie zu bewältigen hat – und sie nicht nur bewältigt, sondern mit elektrisierender vokaler Power auflädt (und durchhält). Und der darüber hinaus mit einer artistisch-akrobatisch-tänzerischen Bravourleistung aufwartet, die ihn als legitimes Mitglied des Nürnberger Balletts erscheinen lässt.

Der Intendant sollte ihm die Ehrenmitgliedschaft des Nürnberger Balletts antragen! Und seiner Ballettdirektorin den Preis für die intelligenteste Produktion der Nürnberger Theaterspielzeit 2000/01 verleihen. Mit den nachdrücklichsten Empfehlungen des kj-Autors! Weitere Vorstellungen am 1., 14., 21. und 23. Juli (sowie noch ein paarmal in der nächsten Spielzeit).

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