Preljocaj-Premiere in der Staatsoper
Großer Bahnhof für Angelin Preljocajs Ballets-Russes-Hommage in der Staatsoper Unter den Linden. Auf dem Programm die Importe „Le Spectre de la rose“ und „Annonciation“ sowie die Kreation von „Le Sacre du printemps“ als Koproduktion mit dem in Aix-en-Provence ansässigen Ballet Preljocaj – mit dem Hausherrn Daniel Barenboim höchstpersönlich am Pult der Staatskapelle (in wie vielen Vorstellungen wohl?).
Brunners zögerlicher Wunschkandidat als Sex-Maniac! „Spectre de la rose“ als erotischer Clinch eines Mädchens mit seinem Rosenkavalier (Beatrice Knop und Oliver Wulff), konterkariert von zwei walzenden Spectre de l‘intérieur-Paaren. Die Begegnung der Jungfrau mit dem Verkündigungsengel Gabriel als lesbisch timbrierter, wunderbar weich fließender Pas de deux für zwei Frauen (Anaïs Chalendard und Isabelle Rune). „Sacre“ sodann, instrumentiert für je sechs Tänzerinnen und Tänzer aus Berlin und Aix auf der von Thierry Leproust gestalteten Bühne (sechs grünfelsige Hügel, die hin und her geschoben werden können), als lawinenartig crescendierender Dauer-Orgasmus.
Nicht nur eine Jungfrau wird hier geopfert – am Schluss liegen alle zwölf entseelt am Boden: kein Schöpfungs-, eher ein Erschöpfungs-Akt! Choreografiert ist das alles im hoch individuellen Preljocaj-Idiom zwischen äußerster Stilisierung und aufgeputschter Expressivität – gemäß den Anweisungen von Ovid und dem Kamasutra: Brutalo-Sexismus, nur in der „Annonciation“ feminin gesoftet.
Das Bedenkliche: weit mehr als die Hälfte der Kompanie geht an diesem Abend spazieren – keiner der Stars ist beteiligt. Soll so die Zukunft des Staatsopernballetts aussehen? Oder strebt Brunner ein Wechselbad-Repertoire an: Malakhov contra Preljocaj (doch zunächst sind erst einmal Robbins´ „In the Night“ und Patrice Barts „Romeo und Julia“ angekündigt). Am Tag zuvor war durchgesickert, dass Kevin O´Day, der in Stuttgart seinen entscheidenden Karriere-Durchbruch hatte, Chefchoreograf an der Deutschen Oper werden soll (mit oder gegen Sylviane Bayard?).
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