Terpsichore-Gala des Bayerischen Staatsballetts

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München, 13/09/2001

Mit einer Terpsichore-Gala im Prinzregententheater startete das Bayerische Staatsballett in die neue Spielzeit. Gewidmet war sie Judith Turos zu ihrem 20-jährigen Bühnenjubiläum. Die exrumänische Ballerina ist bekanntlich Münchens Pendant zu Stuttgarts Marcia Haydée: eine Ausnahmetänzerin, die sich mit ihrer Vielseitigkeit jeder Klassifizierung entzieht, und die ihren Rang an diesem Abend auch gegen so eminente Stargäste wie Svetlana Zakharova und Igor Zelensky vom St. Petersburger Marientheater-Ballett, Aurélie Dupont und Manuel Legris von der Pariser Opéra und den globalen Tausendsassa Rasta Thomas verteidigte.

Unter anderem auch in einem Hans-van-Manen-Pas-de-deux aus „Black Cake“ (mit Amilcar Moret Gonzales), in dem sie demonstrierte, dass sie auch als Tango-Queen über jede Menge augenzwinkernde Fußspitzen-Chuzpe verfügt. Der Show-Stopper gehört zu den Gustostückerln des Münchner Repertoires und erwies sich auch bei dieser Gelegenheit wieder als Knüller in dem Vier-Stunden-Programm. Das hatte mit drei Uraufführungen von Juniorenchoreografen begonnen – Ralf Jaroschinski aus Hildesheim, Ralf Dörnen aus Greifswald und dem von Wien aus die Tanzwelt beglückenden Belgier Nicolas Musin – ein ehrgeiziges Projekt des Münchner Ballettchefs Ivan Liška, das indessen bewies, wie dünn es allenthalben um den Choreografen-Nachwuchs bestellt ist.

Da es sich indessen bei allen dreien um nicht mehr gar so junge Junioren handelt, sie jedoch derzeit noch ziemlich weit von jeglicher Seniorenweisheit entfernt sind, ist man versucht, für sie die Kategorie der Mediorengeneration zu erfinden. Das Hauptinteresse galt indessen der deutschen Erstaufführung von Jerome Robbins´ „In the Night“. Dabei ließ sich freilich nicht übersehen, dass diese vier Chopin-Nocturnes – von Maria Babanina mit viel tänzerischem Fingerspitzengefühl dem Flügel entlockt – doch wohl eher zu den Robbins-Kreationen der Güteklasse B gehören.

Entstanden 1970, handelt es sich um drei mit einem Firnis von Nostalgie überzogene, neoromantische Pas de deux, die sich im vierten Schlussstück zu einem Pas de six summieren. Hier endlich, kommt es zu einigen bewegenden zwischenmenschlichen Kontakten, die erkennen lassen, worum es Robbins wohl eigentlich ging, nämlich um einen Nachgedanken zu seinen genialen, ebenfalls auf Chopin basierenden „Dances at a Gathering“ aus dem Jahr davor. Die waren zwar auch bereits leicht nostalgisch getönt – neuaufgelegt, verursachen sie unterm glitzernden Sternenzelt als neonostalgische Petits fours einen etwa modrig schalen Nachgeschmack. Was ganz und gar nicht an den Tänzern lag, mit Lisa Cullum und Roman Lazik, Kusha Alexi und Oliver Wehe, Maria Eichwald und Kirill Melnikov, jede und jeder ein Etoile, hoch besetzt. Als Huldigung an ein doch sehr amerikanisches Faible für eine Art Prairie Saloon Sentiment mag „In the Night“ ja einen eigenen Reiz haben, doch gestehe ich gern, dass mir der für Stuttgart angekündigte Robbins mit „The Concerto“ wesentlich willkommener ist: als Entlarvung dieses ganzen Nostalgie-Spuks durch hemmungsloses Gelächter.

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