John Neumeier zum sechzigsten Geburtstag

oe
Stuttgart, 24/02/2002

John Neumeier sechzig? Dann war er also gerade 21, als er zur Spielzeit 1963/64 frisch von der Royal Ballet School zum Stuttgarter Ballett kam! Drei Jahre später präsentierte er hier als seine erste choreographische Arbeit „Aria da Capo“ im Rahmen der Noverre-Matineen und im Jahr darauf taucht sein Name erstmals als Kostümbildner der Cranko‘schen „Befragung“ und der „Oiseaux exotiques“ auf. Am 16. Mai 1968 folgte bereits sein Debüt als Profi-Choreograph bei der „großen“ Kompanie mit den „Separate Journeys“ in Schwetzingen, und Ende des Jahres war er Gastchoreograph beim Harkness Ballet mit „Stages and Reflections“ (Britten) in Monte Carlo. Ein Senkrechtstarter fürwahr! Welch eine Karriere, die ihn mit der Zwischenstation Frankfurt geradewegs nach Hamburg führte, dessen Kompanie 2003 bereits ihr dreißigjähriges Jubiläum unter seiner Leitung feiern kann.

Und was hat er in Hamburg in diesen drei Jahrzehnten alles geschaffen: sein gewaltiges choreographisches Oeuvre (mit mehr abendfüllenden Produktionen als irgendeiner seiner lebenden Kollegen), eine Kompanie, die heute in der ersten internationalen Liga rangiert, einen Schulbetrieb, der allenthalben höchsten Respekt genießt, die größte private Ballettsammlung weltweit, dazu die unzähligen Gastspiele als Choreograph bei den großen Kompanien rund um den Erdball ...

So wurde er zum Stifter einer Ballettkultur, die von Hamburg aus in die ganze Welt strahlt. Einen Ballettmann von seinem Format und seiner dauerhaften kreativen Wirksamkeit hat es nie zuvor in Deutschland gegeben – auch wenn das hierzulande ein paar professionelle Ballettquengler partout nicht wahrhaben haben wollen. Zusammen mit Balanchine und Robbins, van Manen und Kylián verdanke ich ihm die glücklichsten Ballettabende meines Lebens. Und dafür danke ich ihm – und wünsche ihm, dass es ihm nun auch noch gelingen möge, seine private Sammlung in eine Stiftung umzuwandeln, als Ballett-Memorial der Freien und Hansestadt Hamburg, auf das künftige Generationen so stolz sein werden wie die St. Petersburger auf das von ihnen kultivierte Erbe des großen Petipa.

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