Les Ballets de Monte-Carlo mit Jean-Christophe Maillots „Cendrillon“

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München, 26/03/2003

Prokofjews sonst meist leicht larmonyante „Soluschka“ beim Gastspiel aus Monte-Carlo im Münchner Nationaltheater einmal ganz anders als gehabt: spritzig, fetzig, leicht angeschrägt, erzmusikalisch und eben – sehr französisch. Auf der Strecke bleiben die märchenhaft-rührenden Aspekte (die alte Bettlerin, die Aufregung vor Mitternacht, das Jahreszeiten-Intermezzo, die umständliche Schuhanprobe). Herzlichkeit immerhin beim breit ausgespielten Verhältnis zwischen dem jung verwitweten Vater (exzellent: Chris Roelandt) und Aschenputtel (unbedarft liebenswert: Aurélia Schaefer – die wichtigere Rolle hat die verstorbene Mutter als Gute Fee: Berenice Coppepieters, eine Virtuosin der Spitzenklasse mit messerscharfen Beinen). Maillots Choreografie ist so pointiert spitzfindig und karikaturistisch wie die Musik Prokofjews (glasklar interpretiert vom Bayerischen Staatsorchester unter der Leitung von Nicolas Brochot in geradezu idealer Symbiose). Die ganze Produktion: ein Wunder an Musikalität (gleich dieser märchenhaft schwebende Traumwalzer).

Die Eleganz und den pfiffigen Chique steuert außer den blendend geschulten Tänzern die Ausstattung von Ernest Pignon-Ernest (Bühne) und Jerome Kaplan (Kostüme) bei: ein paar wie vom Wind aufgeblätterte Buchseiten für die farbigen Projektionen, dazu die frechen Kostüme mit den überkandidelten Kopfputzkreationen. Sehr französisch wie für eine totschicke Folies-Bergère-Revue. Für deutsche Aschenputtel-Erwartungen sicher reichlich cool und zu sophisticated – aber ein hoch willkommener Kontrast zu Neumeiers tiefenpsychologisch ambitionierter „König Lear“-Variante (die die Münchner ja als „Cinderella Story“ im Repertoire haben). Höchst appetitanregend getanzt von der picobello geschulten Kompanie. Mein Kompliment an Monsieur Maillot (und nochmals Dank für seine Erzmusikalität in Zeiten der allgemeinen musikalischen Verwilderung) – aber auch an Ivan Liška, dass er im Rahmen der Ballettwoche 2003 diese bei uns viel zu wenig bekannte Kompanie nach München geholt hat. Würde ich mir am liebsten gleich noch einmal ansehen!

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