Herzensangelegenheiten
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Les Ballets de Monte-Carlo: „La Mégère apprivoisée“ von Jean-Christophe Maillot
Testfall „Tea for two“, ein Thema mit Variationen: Am Ende des Abends kommt auch das Orchestre Philharmonique de Monte-Carlo um ein so populäres Stück wie „Tahiti Trot“ nicht herum, wenn schon Musik von Dmitri Schostakowitsch als Grundlage der ganzen Geschichte dient – und alle vier Hochzeitspaare servieren sich auf unterschiedlichste Art den Tee: überaus liebevoll sich leidenschaftlich zugetan Katharina und Petrucchio, während Bianca und Lucentio bereits die künftigen Eheprobleme ahnen lassen. Ganz zu schweigen von den anderen, die das Schicksal auf eher berechnende Weise vereint: eine lustige Witwe samt Hortensio sowie eine Gouvernante, de facto die Herrin im Hause Baptista, die sich kurz vor Torschluss noch den ganz und gar nicht greisen Gremio angelt.
Eine im wahrsten Sinne des Wortes köstliche Szene, mit der im Grimaldi Forum die Aufführung des zweiaktigen Balletts „La Mégère apprivoisée“ endet. Vor vier Jahren für das Moskauer Bolschoi konzipiert, hat Jean-Christophe Maillot die Shakespeare-Komödie für sein Ensemble nochmal dramaturgisch überarbeitet und choreografisch verfeinert. Schließlich galt und gilt es, eine Alternative zu schaffen zu „Der Widerspenstigen Zähmung“, die in der nachgerade legendären Inszenierung John Crankos weltweit Erfolge feiert. Das ist dem Chorégraphe / Directeur auch durchaus gelungen. In einem eher nüchternen Bühnenambiente von Ernest Pignon-Ernest gibt sich die Aufführung der Ballets de Monte-Carlo frivol französisch, das aber ohne alle Obszönität. Diskret bedeckt der Diener jede Blöße, sobald es zwischendurch im Bett zwischen Katharina und Petrucchio zur Sache geht. Auch später lässt Maillot nie einen Zweifel darüber aufkommen, worauf sich die Liebe der beiden letztlich gründet. Bei aller Eindeutigkeit, wirkt die Erotik nicht penetrant.
Das ist auch bei der Tänzerin der Fall, die noch vor der eigentlichen Vorstellung das Ballett eröffnet. Vor dem Vorhang sitzend, sucht April Ball erst mal den Blickkontakt mit dem Publikum, bevor sie sich die Spitzenschuhe anzieht und noch einmal die Lippenlinien nachzieht: ein Show-Star à la Zizi Jeanmaire, der sich im weiteren Verlauf zwar als die bereits erwähnte Gouvernante entpuppt, von Anfang aber als eine Spielmacherin fungiert, die immer wieder an den Strippen zieht. Auf ihr Zeichen hin stimmt jedenfalls Kalle Kuusava sein Orchester auf einen Unterhaltungston ein, der dem Ballett insgesamt etwas Revuehaftes gibt. Shakespeare light sozusagen: Verschlankt, aber keineswegs abstrakt, und dabei so rasant, als wollte man das Publikum dabei gar nicht erst zur Besinnung kommen lassen. Denn auch ein Maillot weiß natürlich, dass sich eine „Zähmung“ heutzutage nicht mehr ohne Wenn und Aber erzählen lässt. Schon gar nicht pantomimisch.
Getanzt wird jedenfalls ununterbrochen in diesen zwei Stunden, und das so hemmungslos virtuos, hocherotisch und zugleich auf eine zeitgemäße Weise klassisch, dass sich die Lust an der Aufführung nie verliert. Vorneweg Ekaterina Petina als Katharina, die seinerzeit beim Bayerischen Staatsballett in der Cranko-Choreografie einschlägige Rollenerfahrungen gesammelt hat. Dazu Matej Urban in der Petrucchio-Partie, den man ebenfalls aus München noch in guter Erinnerung hat: eine ungemein attraktive Paarung, die problemlos mit der prominenten Bolschoi-Besetzung Ekaterina Krysanova und Vladislav Lantratov mithalten kann, manchmal sogar noch einen Schritt weitergeht, was die Intensität der Gefühle und Gesten betrifft. Nicht zu vergessen: Marianna Barabas und Alexis Oliveira als Bianca und Lucentio und all die anderen, die das Zwei-Stunden-Ballett immer wieder aufmischen. Selbst ein Michael Grünecker hat als Grumio noch einen tollen Diener-Auftritt ganz in der tänzerischen Narren-Tradition. Schließlich sieht sich auch ein Jean-Christophe Maillot als Teil einer Ballettgeschichte, die hier mit „La Mégère apprivoisée“ seine Fortsetzung findet, und das ist gut so.
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