Stuttgarter Ballett beendet US-Tour vorzeitig in Midland

oe
Stuttgart, 09/04/2003

Eine Hiobsbotschaft vom Stuttgarter Ballett, das sich genötigt sieht, seine bisher so erfolgreich verlaufende Tournee durch die USA vorzeitig abzubrechen – und zwar am 20. April in Midland/Michigan, unmittelbar vor dem als finale Krönung gedachten Gastspiel im New Yorker City Center. Schuld ist offenbar der mit „die ökonomischen Folgen und Auswirkungen des Krieges im Irak auf die Unterhaltungsindustrie in den Vereinigten Staaten und insbesondere in New York“ vornehm umschriebene „rapide Zuschauerschwund in den Theatern der Millionenstadt“, zu dem noch die Furcht vor der Ansteckung mit der Lungenkrankheit SARS kommt.

Dazu erklärte Ballettintendant Reid Anderson: „Ich bedauere diesen leider notwendigen Schritt außerordentlich. Die Kompanie hat in den vergangenen Wochen in den Städten Kaliforniens und Arizonas auf überwältigende Weise das Publikum begeistert. Nun zwingen uns leider die äußeren Umstände und die große Verunsicherung der Menschen in New York zur vorzeitigen Beendigung einer äußerst erfolgreichen Tournee.“ Anderson weiter in einem Statement für die amerikanische Presse: „New York ist mein zweites Ballett-Zuhause, und es fiel mir weiß Gott nicht leicht, diese Entscheidung zu fällen. Wir werden in jedem Fall versuchen, zu einem anderen Zeitpunkt nach New York zurückzukehren.“ Von den geplanten 27 Vorstellungen in zehn amerikanischen Städten haben bisher immerhin 15 stattgefunden. Heute Abend steht in Minneapolis ein Dreiteiler mit Kevin O‘Days „dreamdeepdown“, Daniela Kurz‘ „Schere, Stein, Papier“ und Uwe Scholz‘ „Siebte Sinfonie“ auf dem Programm. Am Freitag geht‘s mit zweimal „Romeo und Julia“ in St. Louis weiter und jeweils zwei weitere „Romeos“ sind in Iowa City und in Midland, Michigan, geplant. Das ergibt insgesamt mehr Vorstellungen als viele der europäischen Kompanien auf ihren Amerika-Tourneen absolvieren. Doch machen wir uns nichts vor: es waren gerade die nunmehr abgesagten vier Vorstellungen in New York, denen die Kompanie mit besonders hohen Erwartungen entgegen sah – zumal da diese Vorstellungen ohne „Romeo und Julia“ ausschließlich mit Balletten von Kurz, Lee, Spuck und Scholz angekündigt waren und alle natürlich besonders gespannt waren auf die Reaktionen der bestens informierten New Yorker, einmal ganz abgesehen von den dort konzentriert ansässigen Kritikern.

Es ist schade um dieses vorzeitige Ende. Umso neugieriger sind wir jetzt natürlich, was uns Anderson und seine Equipe nach ihrer Rückkehr über ihre Erfahrungen bei ihrer jüngsten Amerika-Tournee berichten werden – gerade auch im Hinblick auf die viel kolportierten Animositäten gegen alles Deutsche als „Kollateralschaden“ der derzeit gespannten amerikanisch-deutschen Beziehungen.

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