Jean-Philippe Rameau: „Les Boréades“

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Zürich, 02/07/2004

Langsam, sehr zögerlich vollzieht sich der Einzug der großen Opern Jean-Philippe Rameaus (1683-1764) ins Repertoire. Immerhin scheint er an Schwung zu gewinnen. Vor zwei Jahren präsentierte Zürich, sehr respektabel, „Les Indes galantes“. In dieser Saison gab es gleich drei verschiedene Produktionen seines „Dardanus“ – in Freiburg (siehe kj vom 07.03.2004), Bonn und Passau. DVDs sind seit kurzem von „Les Boréades“ (Pariser Opera) und „Platée“ (Lyon) auf dem Markt. Jetzt brachte Zürich „Les Boréades“ heraus, Rameaus letzte Oper überhaupt. Deren Aufführung er nicht mehr erlebte – eine Tragédie lyrique mit großem Ballettanteil. Darin geht es um die finsteren Machenschaften des Windes, der samt seinen Söhnen nur Verwirrung und Unheil stiftet, und um die guten Kräfte um Apollo, die für Licht und Klarheit, vor allem aber für Liebe, Freude und Tanz sorgen.

Es handelt sich um ein musikalisch außerordentlich reizvolles Werk – eine Koproduktion mit der Opéra de Lyon, sängerisch hochkarätig besetzt, inszeniert von Laurent Pelly, geradezu atemberaubend musiziert von Marc Minkowski und den Mitgliedern des Orchestra La Scintilla der Oper Zürich, choreografiert von Lionel Hoche – getanzt von sechs plus sechs Mitgliedern des Zürich Junior Balletts, aber auch die Solisten und der Chor sind stark in das Bewegungsgeschehen einbezogen. Während sonst meist das Ballett eine Verlegenheitsrolle spielt und sich die Regisseure allerlei modischen Schnickschnack und Firlefanz einfallen lassen, ist es in Zürich wunderbar harmonisch stimmig integriert – wie von Louis de Cahusac (1708-1795) gefordert: „Man ist gewohnt, den Tanz in der Oper nur als isoliertes Vergnügen zu betrachten. Notwendig ist jedoch, dass er immer mit der Handlung in Verbindung steht.“

Genau das ist hier der Fall! Dies ist keine historisierende, sondern eine ganz moderne Inszenierung – klassisch grundiert, nicht auf Spitze getanzt, ohne barockisierende oder rokokosierende Gespreiztheiten, sondern frisch, klar und bemerkenswert musikalisch realisiert. Choreografisch nimmt sich Hoche alle Freiheiten, adaptiert auch moderne Bewegungsformen, bleibt aber immer dem apollinischen Prinzip verhaftet – auch in den scheinbar zügellosen Tumulten, wenn Borée den Aufruhr der Elemente entfesselt. Das sichert den Tänzen eine stimulierende Spontaneität und Klarheit – und so werden sie auch von den Zürcher Juniors ausgeführt, mit jugendlich spontanem Elan. Eine geradezu modellhafte Rameau-Aufführung – sehr zur Nachahmung empfohlen!

Übrigens hatten wir schon einmal eine ausschnitthafte Produktion von Tanzszenen aus „Les Boréades“, präsentiert auf einem Stuttgarter Neujahrsempfang 1996 der Tanzstiftung Birgit Keil mit dem Danse Ensemble Marco Santi (lange nichts von ihm gehört) – unter den fünf Tänzern auch ein gewisser Christian Spuck!

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