Ein tänzerischer Quantensprung
Boris Eifmans "Tschaikowsky" an der Staatsoper Unter den Linden
Boris Eifman gastiert in Salzburg und trägt zur Tschaikowsky-Ballett-Euphorie bei
Auf seine älteren Tage macht Boris Eifman im Westen immer mehr von sich reden. Selbst wenn der 59-jährige russische Choreograf, der im Rahmen der Europatournee mit seinem St. Petersburger Ballett-Theater im Großen Festspielhaus in Salzburg Station machte, nicht ungeteiltes Kritikerlob erhält, ein Liebling des Publikums ist er allemal.
PETER ILJITSCH
Dass er sich auf das Choreografieren klassischen Materials gut versteht, bewies er mit zwei feinen Petitessen für das Neujahrskonzert 2003. Auch Vladimir Malakhov, Intendant des Berlin Balletts und Gast-Solist in Wien, hat Eifman eingeladen, um seine „Tschaikowsky“-Produktion mit den Berliner Tänzern einzustudieren. Peter Iljitsch ist auch der Titelheld der ersten Uraufführung des Balletts der Wiener Staats-und Volksoper (19. November).
Im Haus am Währinger-Gürtel bereitet Ivan Cavallari die „Tschaikowsky-Impressionen“ vor. Im Salzburger Landestheater läuft seit wenigen Tagen das Ballett „Tschaikowsky“ von Peter Breuer. Neben der herrlichen Musik des Komponisten scheint die Biografie des als introvertiert geltenden Menschen nicht minder interessant. Dass 2005 außerdem der 165. Geburtstag des großen Russen ansteht, mag ein weiteres Argument sein, das Publikum in einen Tschaikowsky-Rausch zu versetzen.
So geschehen auch in Salzburg, wo Eifman mit seiner im April uraufgeführten zweiaktigen „Anna Karenina“ (Tolstoi) aufwartete. Die nicht unklug zusammengestellte Musik (aus der Konserve) von Tschaikowsky: Einzelne Sätze aus Symphonien (darunter die „Pathétique“ und „Manfred“) aber auch aus Serenaden, darunter jene in C-Dur, op. 48 sowie die „Hamlet“- und „Romeo und Julia“-Ouvertüren sind Folie für Eifmans rasch vorbeiziehende, auf Energie und große dramatische Körperbewegung angelegte Liebes-Tragödie.
VERSTÄNDLICHKEIT
Nicht zuletzt hat Eifman deswegen Erfolg, weil er aus den 800 Seiten Tolstoi ausschließlich die Zerrissenheit der Anna Karenina (Maria Abaschowa) zwischen deren Gatten (Albert Galitschanin) und ihrem Liebhaber Wronsky (Juri Smekalow) herausfiltert. Es gibt keine Nebenrollen, auch keine kompliziert angelegten Handlungsfäden. Jeder versteht die einmütig auf Leidenschaft und Verzweiflung angelegte Geschichte. Im zweiten Teil gelingt Eifman Annas Szene der Ausweglosigkeit ohne Pathos. Sie führt schnurstracks in den Freitod, den das elastische Corps de ballet mit einem wirksamen Maschinen-Tanz gestaltet.
Mit herzlichem Dank an den Wiener Kurier
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