Die Bühne: ein weites, leeres Feld

Amanda Millers Tanzstück „episodes“ im Kölner Schauspielhaus

Köln, 17/12/2007

Die interessanteren Dinge in Amanda Millers neuem Tanzstück „episodes“ tun sich vor der Bühne des Kölner Schauspielhauses und auf deren Rückwand. Vor der Bühne bemüht sich das Barock-Ensemble Concerto Köln, durchaus erfolgreich, um acht kurze Musikstücke von Claudio Monteverdi, Evaristo Felice Dall’ Abaco und Henry Purcell sowie um ein Dutzend Variationen, die der Kalifornier Fred Frith sich zu den Arbeiten der berühmten Kollegen der Alten Musik hat einfallen lassen. Auf die Bühnenrückwand projiziert der New Yorker Stagedesigner Seth Tillett bewegte und unbewegte Bilder. Er lässt Wolkenprospekte erscheinen und Ausschnitte aus grünen Forsten, und gegen Ende darf ein geisterhaftes Wesen, halb Osterhase, halb Mickymaus, zwischen Bäumen und Nebelschwaden herumspuken: die amüsanteste Bewegung, die sich in diesen „episodes“ ereignet.

Dort aber, wo sich das eigentliche Kraftzentrum der Aufführung befinden müsste: auf der Tanzfläche tut sich eine Stunde lang so gut wie nichts. Die Bühne der „episodes“ ist ein weites, leeres Feld, auf dem die Tänzer von pretty ugly tanz köln wie verloren wirken: bestenfalls ratlos und wie auf der Suche nach einem Faden durch das Labyrinth der Leere, in dem sie sich befinden. Amanda Millers sieben Tänzer, drei Frauen, vier Männer, sitzen herum, als warteten sie auf neue Anweisungen. Sie tragen Requisiten von hier nach dort, schieben ein Podium mit vorgebauter weißer Wand über die Bühne, lagern auf kleinen, gestuften Podesten, und wenn sie (auf flacher Sohle) tanzen, verwinden sie ihre Glieder, stützen sich mit den Händen am Boden ab oder drehen schwindsüchtige Pirouetten. Gelegentlich ist einer der Männer einer der Frauen bei einem langsamen Überschlag behilflich, ohne dass durch diese Art Assistenz eine wirkliche Partnerschaft zustande käme.

Offensichtlich versucht die Choreographin Amanda Miller, stilistisch an ihre Anfänge, die glorreichen Zeiten bei William Forsythe, anzuknüpfen. Doch wo Forsythes Tänzer mit den Verwindungen ihrer Körper magische Zeichen setzen und Kraftfelder aufbauen, malen die Körper von Millers Tänzern gerade nur vage Fragezeichen in den Raum, und gelegentlich – und nicht nur, wenn sie sich von ihren wenig anstrengenden Übungen ausruhen – scheinen sie sich ebenso zu langweilen wie der kritische Zuschauer im 2. Parkett: in jener Ecke, in der auch die stimmkräftige Claque zuhause ist, die sich nach dem letzten Vorhangfall an ihren eigenen Bravorufen berauscht.

Mag ja sein, dass diese Bravorufe gar nicht den aktuellen Tänzer- (und Musiker-)Leistungen gelten, sondern einer Entscheidung des Theaters. Das verschickte am Tag vor der Premiere eine Nachricht, wonach das Schauspiel Köln aus der vergeblichen Suche nach Finanzmitteln für pretty ugly nicht die Konsequenz gezogen habe, die Kompanie am Ende der laufenden Spielzeit abzuwickeln. Vielmehr wolle man, in der Hoffnung, dass sich danach neue städtische Gelder für den Tanz fänden, die Zusammenarbeit mit pretty ugly tanz köln und Amanda Miller eine weitere Spielzeit fortsetzen. In dieser Spielzeit – 2008/2009; weiß der Teufel, was danach ist – soll Miller die Chance zu zwei weiteren Produktionen bekommen. Und, wer weiß, vielleicht fällt der Choreographin dann ja wieder etwas ein, das nicht nur stilistisch an ihren starken Beginn in Frankfurt anknüpft.

 

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