Als sich die Tanz-Welt noch auf der Bühne verausgabte

Vandekeybus feiert in „Spiegel“ sein 20. Jubiläum

Wien, 20/07/2007

Kinder, wie die Zeit vergeht! Wenn auch naturgemäß auf Distanz, so hat man doch gemeinsam die jetzt zu feiernden zwanzig Tanz-Jahre des Risiko-Fanatikers und surrealen Erzählers Wim Vandekeybus mit seinem Ensemble Ultima Vez erlebt.

Hat fast alle Inszenierungen des Flamen gesehen, der neben De Keersmaeker und Jan Fabre für den Belgien-Hype stand und war zuletzt von seinem Jugendprojekt „Bête noire“ im Brüsseler Kaaitheater angetan. Wie aber feiert der Choreograf Wim Vandekeybus, der beim ImPuls Tanz-Festival im Volkstheater unter dem Titel „Spiegel“ zurückblickt? Er verschachtelt Teile aus mehreren Produktionen zu einem Neunzigminüter, setzt ausschließlich, und das ist schade, auf das Ereignis, das seine ungewöhnlichen Tänzer aus ihren Körpern herausschütteln. Musikalisch mischt Vandekeybus Komponisten-Kollegen auf: unter anderem David Byrne, Thierry de Mey, Marc Ribot und Peter Vermeersch.

Vandekeybus verzichtet in „Spiegel“ auf jene Sinnzusammenhänge, die seinen Produktionen gewöhnlich eine gewisse Vielschichtigkeit, ja, sogar mysteriösen Zauber verleihen. Zur Jahresfeier wartet er mit dem stupenden Akrobatik-Vokabular auf, das er selbst als Tänzer geschaffen hat. Spiralenförmig auf den Boden gehen, hochspringen vom Boden in Bauchlage, sich wie fliegend über den Partner hinweg katapultieren.

Das war in den 80er-Jahren sensationell. Vorgemacht hatten das damals schon Louise Lecavalier und Edouard Lock mit ihrem Ensemble La la la Human Steps aus Kanada (bei ImPuls Tanz ohne Lecavalier ab 7. August im Burgtheater). Aber die Tanz-Zeit war einfach reif für antrainierte Wildheit auf der Bühne, für ein neues Tänzerbild, das plötzlich vergammelt ausschauende, bärtige, langlockige Männer zeigte und schöne kräftige Frauen, die sich zum Glück nicht von der durchaus machistisch anmutenden Art ihres Chefs unterkriegen ließen.

Heute trägt das in all seiner Purheit den Stempel der Zeit. Fraglos wichtige Jahre, denen die nächste Generation einfach widersprechen musste. Vandekeybus war nicht zu toppen.


www.impulstanz.at 

Mit freundlicher Genehmigung des Kurier

 

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