Rätselhaftes und Verwirrendes
„Creative Forces“ vom NDT 1 bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen
Wenn es hell wird auf der Bühne, stehen die Tänzer nur da und starren ins Publikum. Dann rennen die meisten von ihnen hinaus, bevor ein einzelner Mann zu Bach-Musik den Fuß hebt. Das Zurückstarren von der Bühne hat etwas Offensives und Herausforderndes, es wird sich bei diesem Gastspiel der Batsheva Dance Company im Ludwigsburger Forum am Schlosspark noch ein paar Mal wiederholen.
Israels bekannteste Tanzkompanie war mit „Drei“ zu Gast, einem Werk ihres langjährigen Chefchoreografen Ohad Naharin, bei dem es sonst gerne mal laut, bunt und skandalös zugeht. Hier aber ist alles höchst funktional: Die Tänzer tragen Trainingsklamotten, niedrige graue Quader begrenzen die Bühne, der Tanz verharrt fast die gesamten siebzig Minuten lang in einem spröden, unpersönlichen, manchmal leicht grotesken Stil. Anstößig ist höchstens die gewollte Rätselhaftigkeit des Ganzen: Die 17 Tänzer sind meist in größeren Unisono-Gruppen unterwegs über die Bühne, in leidenschaftlosen Ritualen zwischen militärischem Exerzitium und Tai-Chi-Meditation. Alles wirkt abgezirkelt, vom Stil her eher stockend und staksend als gleitend, selbst als im Mittelteil eine Gruppe Frauen wiederholt aufreizend mit dem Becken kreist.
Dagegen setzt Naharin immer wieder einzelne Solos, in denen durchaus pantomimische oder bedeutungstragende Elemente aufscheinen, die das Ganze nur noch verrätselter machen. Die Solisten rennen, fallen, latschen, sie tänzeln oder reiben die Hände, aber ob sie das nun zu Bachs Goldbergvariationen, zum verschwindenden Klangminimalismus von Brian Eno oder zu einer bunten Collage aus Popsongs machen, ist eigentlich egal.
„Drei“ ist eine Trilogie aus den Teilen „Bellus“ (schön), „Humus“ (Erde) und „Secus“ (anders oder Geschlecht). Auch diese lateinischen Titel helfen beim Versuch der Annäherung an Naharins Ideen kaum weiter, obwohl uns zwischendurch ein Ansager im Fernsehen geduldig das weitere Geschehen erläutert. Lasziv-entspannt tanzen zwei Männer Foxtrott zu einem Bollywood-Schmachtfetzen, eindeutig die originellste Idee des Abends, bevor das Ensemble sich geduldig Schlange steht und einige doch noch die Hosen runterlassen, bitte hinten anstellen für die Provokation. Mag sein, dass Naharin einen ästhetischen Mehrwert aus dem Enttäuschen unserer Erwartungshaltung gewinnen will, aber wenn außer der Qualität der formidablen Batsheva-Tänzer sonst so gar nichts herausleuchtet oder die Assoziationen entzündet, dann bleibt der Abend eben genau das - enttäuschend.
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