Kunst der Verzauberung
Die Jubiläumsausgabe von Think Big!, dem Festival für junges Publikum in München, lädt zum Träumen ein und hält den Spiegel vor
Dass Intendant George Podt schon in den 90er Jahren die damals noch unbekannte Choreografin Sasha Waltz in der Münchner Schauburg/Theater der Jugend präsentierte, danach kontinuierlich Tanz und Tanztheater als „Muss“ in seinen Saisons anbot, kann er sich als Auszeichnung ans Revers heften. Nach Waltz und dem Hans Hof Ensemble kooperiert Podt seit jüngstem mit Eric Gauthier. Der energiesprühende Francokanadier, langjähriger Solist im Stuttgarter Ballett – er war der brillanteste Forsythe-Interpret –, gründete erst eine Rockband, dann 2007 Gauthier Dance.
„Six Pack“, das jetzt mitgebrachte Programm, meint nicht etwa ein Tragl Bier, sondern eine Sechserpackung von Tanzstücken: kleine Geschichten, voller Humor und poetischer Momente. Zum Auftakt ein Ballett-Crash-Kurs mit den unbequemen klassischen Fuß-Positionen, Attitüden, federnden Sprüngen, aber alle Vokabeln hintersinnig rhythmisch-komisch kombiniert. Komik und Heiterkeit sind überhaupt Gauthiers wirkungsvolles choreographisches Rezept. Zu Bobby McFerrin, den Einstürzenden Neubauten, Björk oder Beethoven verwandeln sich seine Tänzer, alle acht Modern-Dance-Könner, in bunte skurril tänzelnde Fische oder sanft bewegte Schnee-Engel. Sie tanz-toben wild unter einer herabrieselnden Salz-Dusche (ein Stück von Paul Lightfoot/Sol León, 1994 fürs Nederlands Dans Theater) oder mimen ausgeflippte zottelige Hardrocker.
Gauthier selbst ist ein Meister der Pantomime. In seinem Solo „Luft-Gitarre“ qualifiziert er sich mit augenzwinkernder lässig-eleganter Tanztechnik als klassischer, als Flamenco- und Rock-Gitarrist. Und toppt seine Komödiantik noch in einer hinreißenden akrobatischen Dreierbeziehung auf einem „Sofa“ (von Itzik Galili, der auch schon fürs Staatsballett choreografierte). Mit seinen leicht lesbaren Stücken zwischen klassischem und zeitgenössischem Stil ist Gauthier Dance genau das richtige Ensemble, um ein (junges) Publikum, das bisher wenig mit Tanz in Berührung gekommen ist, für die Kunst der Bewegung zu begeistern. Zu diesem Zweck geht Gauthier mit seinem „Dance Mobil“ auch in Kranken- und Waisenhäuser und in Altenheime. Im März kommt er mit „M. M. & More“, einer Hommage an Marcel Marceau, den Stuttgarts Altstar Egon Madsen tanzen wird.
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