Mit Großem Zapfenstreich

Wie Mainz seinen Ballettchef Martin Schläpfer verabschiedet hat

oe
Mainz, 30/06/2009

Theater-Abschiede sind zwar oft traurig, aber meist eine Routine-Angelegenheit. Die letzte Vorstellung eines Stars – wir kennen das, besonders in Stuttgart, von Marcia Haydée und Ricky Cragun und demnächst wohl auch von Jason Reilly. Früher waren das die sogenannten Benefiz-Galas, bei denen die so Geehrten die Kasseneinnahme der Vorstellung für sich behalten durften und mit allerlei Geschenken, vor allem Blumen, aber auch mit hochwertigen Kostbarkeiten überhäuft wurden. Und danach war‘s (nicht immer) endgültig aus. Marie Taglioni, Fanny Elßler, die Kschessinskaja, letzte Primaballerina assoluta des Zaren, zogen sich dann ins Privatleben zurück, gründeten oft eine eigene Schule.

Nicht so in Mainz, das jetzt nach zehn Jahren international observierter Aktivitäten mit einem Galaabend seinen Ballettchef Martin Schläpfer verabschiedet hat, der zur nächsten Spielzeit an die Deutsche Oper am Rhein nach Düsseldorf/Duisburg übersiedelt. Das Mainzer Staatsopernhaus bis auf den letzten Platz mit Ehrengästen gefüllt, mit der landespolitischen Spitze, dem Ministerpräsidenten höchstpersönlich plus Oberbürgermeister, ehemaligem und jetzigen Generalintendanten nebst Honoratioren und Freunden – als ob Mainz ein einziges Volk von Ballettfans sei.

Das hat es bisher überhaupt noch nicht gegeben! Ein Red Letter-Day der deutschen Ballettgeschichte (zur Nachahmung empfohlen)! Denn er demonstriert weit mehr als ein Stück Lokalhistorie: nämlich die Anerkennung des Balletts als kulturhistorische Größe immerhin von landespolitischer Signifikanz. Auch wenn sich die Mehrzahl der Anwesenden kaum dessen bewusst gewesen sein dürfte: an diesem Abend wurde in Mainz deutsche Ballettgeschichte geschrieben. Auch wenn die Weltgeschichte des Tanzes den Tag eher als einen Wuppertaler Trauertag rund um den Globus registrieren wird. Und so gab es denn die üblichen Reden der Spitzenfunktionäre und des professionellen Laudators, gab es Gesang und Tanz des ballettmainz mit dem Großen Zapfenstreich der Mendelssohnschen „Reformationssinfonie“, wobei der militärische Choral „Ich bete an die Macht der Liebe“ aus diesem Anlass angemessen zum Choral „Ein feste Burg“ mutiert erschien.

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