Tagträumer unterwegs

“Day”: Pretty Ugly improvisierte in der Reihe “one week stand”

Köln, 12/02/2009

24 Stunden. Eine Zeitspanne, die Künstler und Medien schon immer herausgefordert hat. Mal als Doku, mal als Thriller. Jetzt haben sich die Tänzer von Pretty Ugly Tanz Köln aufgemacht, 24 Stunden choreografisch-tänzerisch zu erkunden. Mit „Day“, dem Tag, begann diese neue Tanzreihe, die in Kooperation mit dem Arkadas-Theater in Ehrenfeld entsteht. Demnächst folgen „Evening“, „Night“ und „Dawn“, jeden Monat ein Abend, choreografiert, als Werkstatt oder Multimediaprojekt.

Um den experimentellen Anspruch der kleinen Reihe noch zu erhöhen, die Kreativität der Tänzer herauszufordern, begann „Day“ als Improvisationsabend. Alles sei improvisiert, Licht, Tanz, Musik, so erläutert der Tänzer und Leiter des Abends, Michael Maurissens, und fügt verschmitzt hinzu, auch das Publikum. Tatsächlich genießt man den Abend als Zuschauer besonders, wenn man hinter den Zufallsprodukten von Soli oder Duos, diesen Tanzminiaturen, die sich immer wieder neu ergeben, nicht nach einem tiefschürfenden Sinn oder Zusammenhang sucht. Es gibt ihn nicht, denn es gibt keine Handlung.

Wie Tagträumer sind die Tänzer manchmal unterwegs, vielleicht mit inneren Bildern hin zu einem virtuellen Ort. Der eine versonnen (Maurissens) mit papiernem Wuschelkopf, der andere drängend (Nicolas Robillard), ein weiterer verspielt (Ruben Reniers) und der Pretty-Ugly-Star Flavia Tabarrini komödiantisch und voller Witz mit prall-ausgestopftem Hintern. Gelegentlich gibt es kleine Kommentare über ein seitlich hängendes Mikro. Mutig stürzen sich die Tänzer in den leeren Raum, lassen sich treiben wie das Treibholz im Fluss, das mitgezogen von der Strömung dennoch seinem eigenen Weg folgt, das gelegentlich anstößt, dabei dreht oder die eigene Bahn verlässt, sich kurz staut, um gleich wieder den eigenen Fließrhythmus zu finden. Ebenso spontan reagieren die Tänzer auf Begegnungen und verändern intuitiv ihr eigenes Bewegungsmuster.

Bei aller tänzerischen Freiheit strukturiert sich dieser Abend auf spielerische Weise wie von selbst, ganz den physikalischen Gesetzen der Chaostheorie folgend. Auch Licht und Musik choreografieren den Raum. Wobei man Douglas Batemans schreckliche Lichtspielereien gern übersehen würde. Und Finn Martins großartige musikalische Liveperformance, die oft ein Wechselspiel von Tanz und Ton inspiriert, verselbständigt sich leider im letzten Drittel und löst sich vom Tanz als Improvisationspartner. Natürlich gibt es auch im Tanz kleine Leerstellen, banale Begegnungen, aber nach anfänglichen Unsicherheiten wird er zunehmend dichter in Form und Ausdruck. Steve Paxton, der Meister der Kontaktimprovisation, wäre sicher erfreut.

Nächste Abende 10.+11.03.; Platenstr.32, Köln

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