Klar, unprätentiös, intuitiv
In „Leise schäumt das jetzt“ von Britta Lieberknecht kollaborieren Körper und Instrumente in der Alten Feuerwache in Köln
Es fängt harmlos an, fast spielerisch. Doch es dauert nicht lange, dann fliegen die Fetzen. Sie reißt ihm die Ärmel vom Hemd. Er zerreißt ihr das T-Shirt. Provokationen, die Energien freisetzen. Anfangs versucht das Paar noch über zwei Stühle, die mit Oberteil und Slip über Lehne und Sitzfläche wohl ihr Alter Ego symbolisieren, eine wacklige Kommunikation. Kommunikation ist Lebensqualität, das ist eine Lebensweisheit. Zu viele Paare geben zu schnell auf. Das hat die Choreografin Britta Lieberknecht in ihrem neuen Stück „Berühren – Zerreißen“ zu einer bitter-süßen Tanzperformance verarbeitet, in der ein Paar seine Beziehung bis an die Grenzen austestet.
Schon der Titel zeigt, dass die Inszenierung die zwei Seiten einer Medaille auf den Prüfstand stellt. Performer Olaf Reinecke übt dafür die Beweglichkeit seiner Finger, denn um sich an die Grenzlinien einer Beziehung heran zu tasten, dazu bedarf es reichlich Fingerspitzengefühl. Erprobt wird die neue Zärtlichkeit zuerst am Stuhl. Was hier funktioniert, scheitert am lebenden Objekt, der Tänzerin I-Fen Lin. Ihr Shirt zerreißt dabei. Gelassen nimmt sie es hin, streichelt ihn und geht nahtlos vom Berühren über in Zerreißen. Sie zieht und zerrt, bis von seinem Hemd nur noch die Knopfleiste übrig bleibt, die sie ihm in ironischer Hingabe zärtlich aufknöpft. Es gibt viel zu lachen in diesem Stück Beziehungskampf. Bald hängen den Beiden die Fetzen vom Körper.
Leider kommt es bei so viel Zerreißen nicht zu wirklich tänzerischen Momenten. Es irritiert, wie unaufgeregt und ohne emotionale Empörung, ohne Wutschreie beide ihr destruktives Werk vollziehen, an dessen Ende sie nackt und entblößt vor dem anderen stehen. Noch mehr irritiert aber, dass beide so emotionslos, wie sie sich zerrissen haben, nun auch die Nähe, das Berühren, suchen. Nur das Solo mit Stuhl von I-Fen Lin sticht angenehm aus dieser Beziehungskälte heraus. Nackt schiebt sich ihr Körper unter Oberteil und Slip auf den Stuhl, als schlüpfe sie hinein in ihr hölzernes Alter Ego, und setzt mit dem Stuhl auf dem Rücken zu einem Tanz in neue Räume der Beziehung an. Leider verzichtet die Inszenierung darauf, die Emotionen hinter den Aktionen mit in das Stück zu nehmen. Selbst auf Musik wird verzichtet. Tonlos beginnt, tonlos bleibt und tonlos endet die Performance. So verflüchtigt sich unversehens die anfängliche Leichtigkeit des Stücks.
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