Im Zeichen der Rotterdam-Stuttgarter Freundschaft

Das Scapino Ballett im Forum am Schlosspark

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Ludwigsburg, 28/10/2010

Von ihrem Namensgeber in der italienischen Commedia dell‘arte haben sich die Mitglieder des Scapino-Balletts weit entfernt. Sie sind ja inzwischen auch bereits 65 Jahre alt und firmieren klar und eindeutig als dritte holländische Ballettkompanie neben Het Nationale Ballet und dem Nederlands Dans Theater. In Rotterdam ansässig, waren sie ursprünglich als eine Juniorentruppe gegründet worden, aber wie sie sich jetzt im Ludwigsburger Forum am Schlosspark präsentierten, wirkten sie gerade mal ein Drittel so alt: eine bestens konditionierte Kompanie, trainiert wie ein Wachbataillon vor dem Amsterdamer Schloss. Ihr Ludwigsburger Programm war denn auch streng nach den Gesetzen des holländisch-deutschen Oberkommandos aufgeteilt: zwei Eigenproduktionen ihres Chefs, Ed Wubbe, konkurrierten mit zwei Importen, kreiert vom Stuttgarter Marco Goecke, der inzwischen Hausrecht bei den Holländern genießt.

Gemeinsam ist ihnen, dass man von beiden sagen kann, bei ihnen dominieren die Arme, die ihnen geradezu Flügel zu verleihen scheinen, wie bei anderen Choreografen die Beine. Wubbes beschwingter „Beeswing“ als Pas de deux zu einer Auswahl von Bachschen Solocello-Suitensätzen arrangiert, ist dabei freilich eher gewöhnungsbedürftig, wenn man an hiesige Interpretationen etwa von Lin Hwai-min oder Spoerli denkt (und sich daran erinnert, dass es Benjamin Harkarvy war, der 1964 als erster überhaupt ein „Recital for Cello and Eight Dancers“) beim Nederlands Dans Theater choreografierte). Goecke interpretiert Bachs 4. Orchestersuite dann unter dem Titel „Suite, Suite, Suite“ als einen überschwappenden Jux aus zuckenden und flackernden Bewegungen, zum Teil ohne Musik, die aus dem Halb-Sichtbaren Gestalt annehmen, mit schlenkernden, leeren Stiefeln, wobei Johann Sebastian zu einem flapsigen Johnny zu mutieren schien.

Er verkürzt dann auch Strawinskys „Feuervogel“ zu einem Pas de deux (ausgerechnet zur Apotheose der Ballettmusik, die ihm dann musikalisch nicht ausreicht, so dass er noch einen überlangen stummen Epilog anhängt). Von Feuer keine Spur – eher erinnert sein „Vuurvogel“ an einen „Oiseau exotique“ (den allerdings hat Messiaen komponiert), so dass man der Vervollständigung seiner mit der „Nachtigall“ von Strawinsky begonnenen Volière (vielleicht mit dem „Blauen Vogel“ à la Tschaikowsky und Petipa?) mit einiger Beklommenheit entgegensieht. Zum Schluss wurde es dann mit Wubbes „Holland“ doch noch hundertprozentig holländisch, mit einer tänzerischen Tour d‘horizon durch die Geschichte der Niederlande von Jan van Eyck und der „Anatomischen Lektion“, die bis zu – na ja, noch nicht Geert Wilders, aber doch zur „multikulturellen Vielfalt Hollands und als Appell an seine Toleranz“ über die Bühne bretterte.

 

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