Liebeserklärung im Kammerformat

Stefano Giannettis „Rossini!“ am Pfalztheater

Kaiserslautern, 06/11/2010

„Rossini!“ ruft Stefano Giannetti seinem Landmann zu. Inspiriert durch das Werk des Opernkomponisten hat das Ballettensemble des Pfalztheaters Kaiserslautern dem Esprit des Italieners ein Denkmal gesetzt. „Rossini!“- der zweiteilige Ballettabend lebt, wie Rossinis Musik, vom Wechselspiel aus Dur und Moll, aus Höhen und Tiefen, aus Glücksmomenten und Bewährungszeiten. Ein Knall, Funken sprühen und erhellen die Werkstattbühne. Aus dem Dunkel des Zuschauerraumes kriechen Faune und Nymphen auf die Bühne, drapieren sich um einen sprudelnden Brunnen im Zaubergarten, während die schöne Armida auf einer Schaukel über der Szene hin und her schwingt. Sie besinnt sich in diesem „Ballo Magico“ auf ihre magischen Kräfte, um ihren Ex, den Ritter Rinaldo, der wie ein Zinnsoldat über die Szene stapft, zurückzuerobern. Musikalische Grundlage der getanzten Illustration ist die lange Version einer Ballettmusik aus „Othello oder Der Mohr von Venedig“ (1816), die Rossini in „Armide“ (1817) in verkürzter Version wieder verwendet hatte.

Gewitzt und prickelnd leicht wie dem Tonmeister Belcanto-Melodien aus der Feder fliegen, so führt Giannetti seine Akteure auch im zweiten Teil unbeschwert mit sanfter Hand und Raffinement. Zu einer „Suite Italiana“ aus sieben Liedern geben sich Tänzerinnen und Tänzer vor der Fontana di Trevi ein Stelldichein. Ob „Geschmückt mit Blumen“, ein „Spanisches Lied“ eine „Venezianische Regatta“ oder die „La Danza“ genannte Tarantella: der Trevi-Brunnen wird zum Treffpunkt unterschiedlichster Menschen und Temperamente. Subtile choreografische Miniaturen, die mal den Brauch des Münzenwerfens zitieren, mal einen Fußballer ins Spiel bringen, der selbstverliebt über den Platz dribbelt – vorne trägt er das Trikot der Squadra Azzurra hinten das der Lauterer.

Die augenzwinkernde Reminiszenz an Giannettis Wahlheimat Kaiserslautern wie an seine Heimatstadt Rom wird getragen von einem hervorragend disponierten Ensemble. Gesanglich und schauspielerisch unterstützt Elena Gerasimova - sowie am Piano der Ballettrepetitor Victor Portnoy – die gelungene Inszenierung. Blond gelockt erinnert die stimmstarke Sängerin mit dem Sexappeal einer Anita Ekberg an die berühmte Badeszene in Fellinis Film „La Dolce Vita“. „Das süße Leben“ eines Genussmenschen also, dem sich Rossini in seiner letzten Lebensphase verschrieben haben soll. „Rossini, Divino Maestro, Helios von Italien, der du deine klingenden Strahlen über die Welt verbreitest!“ jubelte Heinrich Heine. „Verzeih meinen armen Landsleuten, die deine Tiefe nicht sehen, weil du sie mit Rosen bedeckst, und denen du nicht gedankenschwer und gründlich genug bist, weil du so leicht flatterst, so gottbeflügelt!“. Rossini-Rezeption im Kammerformat, eine getanzte Liebeserklärung, die den Widerspruch zwischen gottbeflügelt und abgründig aufhebt.

www.pfalztheater.de

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