Einsame Spitze: „In/Side“ von Robert Battle

Das Alvin Ailey American Dance Theater mit seinem zweiten Programm auf Deutschland-Tournee

Köln, 10/08/2011

Bis auf Alvin Aileys unsterbliche „Revelations“ zeigt das AAADT auf seiner diesjährigen Deutschland-Tour im Programm B, das gestern in der Philharmonie Köln Premiere feierte, drei andere Stücke seines Repertoires als im Programm A. Schon zum Auftakt mit „Night Creature“, Aileys populärer Choreografie von 1974, besticht die Company wieder durch ihre fulminante Präsenz und Präzision, durch die stupende Technik im Mix von klassischem Ballett, Boogie-Woogie und Jazz Dance auf den satten, schmissigen Big-Band-Sound von Duke-Ellington-Kompositionen. „Anointed“ ist das erste Ballett des langjährigen AAADT-Tänzers, Lehrers und international erfahrenen Choreografen Christopher L. Huggins für die Company. Der Titel ist reichlich schwülstig als „Gesalbt“ im religiösen Sinn zu verstehen und erzählt, für Außenstehende nicht leicht zu verstehen, Aileys Wahl von Judith Jamison zu seiner Nachfolgerin. Ein kraftvoller Pas de deux – makellos getanzt vom Ehepaar Glen Allen und Linda Celeste Sims - stellt den Dialog der beiden Granden des AAADT dar. Im zweiten Teil ist Jamison umgeben von ihren vier wichtigsten Mitstreiterinnen, um das Vermächtnis Aileys lebendig zu halten, Schule und Company zeitgemäß und zukunftsweisend zu führen. Im Finale schließlich ist der Choreograf bemüht, die 52 Jahre AAADT im Schnelldurchlauf Revue passieren zu lassen mit Zitaten aus einigen der wichtigsten der über 200 Stücke des Repertoires – darunter „Night Creature“, „Revelations“ oder auch Jamisons „Divining“ und „Hymn“.

Der deutschen Erstaufführung dieser zweifellos sehr gekonnten, wenngleich allzu respektvollen Reverenz des vielfach geehrten Huggins an das AAADT geht das ebenfalls in Deutschland erstmals gezeigte Solo „In/Side“ von Robert Battle voraus, dem eben erst neu installierten Nachfolger von Judith Jamison. Auf Nina Simones sehnsuchtsvoll zärtliches Liebeslied „Wild is the Wind“ tanzt der unglaubliche Samuel Lee Roberts – 2006 zum „Aufsteigenden Stern“ von Dance Magazine gekürt, seit 2009 Ailey-Tänzer – die Agonie eines Aids-Kranken: Horror, Todesangst, Schmerzen, Verfall, Aufbäumen, Erschöpfung... Marco Goeckes „Äffi“ ist nah – und doch, schiere Körperlichkeit ohne „Geschichte“, so fern. Für mich war „In/Side“, trotz des nie endenden Zaubers von „Revelations“, der Höhepunkt des Abends.

www.alvinailey.org

Kommentare

Noch keine Beiträge

Ähnliche Artikel

basierend auf den Schlüsselwörtern