Gregor Zöllig fragt nach Motiven von Auswanderern: Träumen ist schöner

„My Hotel Paradise“ von Gregor Zöllig

Bielefeld, 07/02/2011

Eigentlich ist es doch ganz schön, sich einfach nur mal so ein paar Stunden am Strand zu räkeln, von dem Mädchen von Pyräus beschallen zu lassen und von abenteuerlichen Reisen in ferne Länder zu träumen. Und schon bläst der Zigarettenqualm alle Sehnsüchte, die Heimat für immer zu verlassen, weg wie das Papierschiffchen, das in einer Wasserpfütze auf der (leeren) Plastikreisetasche schaukelt. Im Finale von Gregor Zölligs Stück „My Hotel Paradise“ scheint die Welt wieder in Ordnung. Kopflastige wie naive Fragen nach dem Warum, Wieso und Wohin potentieller Auswanderer wischt Dirk Kazmierczak in dieser leisesten Scene des sonst eher lauten, hektischen Tanzstücks einfach weg. Der niedlichen kleinen Tramperin (Kristin Mente) vergingen sehr bald die Flausen von Casablanca. Sie wollte nur noch dorthin, „wo’s warm ist“, schließlich einfach weg - „EGAL“ wohin.

Miranda Hania fühlt sich in der Fremde weggedrängt von den riesigen, wandernden Wänden (Bühne und Kostüme: Hank Irwin Kittel). Simon Wiersma prahlt von seinem vermeintlichen neuen Glück und kann doch seine Panik vor dem Versagen nicht verbergen. Elvira Zúñiga wehrt sich vergeblich gegen zwei Männer und wird ausgeraubt…. Irgendwann werden beleuchtete Schilder „Hotel“ und „Paradies“ hereingeschleppt. Immer wieder schleicht ein tief Vermummter mit Schlapphut durch die Szene. Ein Pilger? Der Heilige Jakob? Niemand nimmt ihn wahr. Ohne seinen Schlapphut schließlich wirkt er, in seine Decke gehüllt, gesichtslos, wie Gevatter Tod. Soviel zum Thema „Auswandern“. Der Rest ist ein Rennen, Wühlen in diesen riesigen karierten Taschen ost-europäischer Provenienz und fetzige Ensembleszenen wie im Aerobic-Studio im Wechsel mit ebenso nichts-sagenden akrobatischen Duetten und Soli. Ganz selten ist ein Hauch von Raffinement zu sehen – etwa Dirk Kazmierczaks Fingerübungen auf Brigitte Urays Rücken und Elvira Zúñigas Körperverknotungen.
Bleibt zu hoffen, dass „Paradiesische Zeiten“ mit 83 Laien mehr Realität in das Thema bringt. Premiere ist am 18. Februar im „Theaterlabor“.

www.theater-bielefeld.de

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