Es war einmal… ein Schneewittchen, das wusste, was es wollte

Das Ballett Basel erzählt das Volksmärchen „Snow White“ unter Federführung von Richard Wherlock

Die Basler Version ist ein Miteinander traditioneller Märchenerzählung und zeitgenössischer Bewegungssprache.

Basel, 17/12/2013

Ein vergifteter Apfel, ein verzauberter Spiegel und sieben Zwerge. Die Geschichte von Schneewittchen ist eng mit Symbolen der Märchentradition verwoben. Symbole, die auch Ballettdirektor Richard Wherlock für die Inszenierung am Theater Basel aufleben lässt: „Pathos, Liebe, Hass und Wut – Schneewittchen bietet die ganze Palette an Stoff für eine Ballettgeschichte“.

Snow White ist traditionell erzählt – in der zeitgenössischen Bewegungssprache des Richard Wherlock: „Ich dusche mich förmlich in der Musik und im Tanz. Beim Choreografieren tanze ich jede Rolle mit. So entwickle ich für jede Figur eine eigene Bewegungssprache. Bei klassischen Geschichten wie Schneewittchen ist es eine besondere Herausforderung, sie in eine zeitgenössische Form zu bringen.“ Der traditionellen Handlungsstruktur treu, nimmt Schneewittchen von Richard Wherlock auch zeitgenössische Fragen auf: das krankhafte Verlangen nach Jugendlichkeit und Schönheit, gleichzeitig das Verweigern des Alterns.

Feenhafte, zarte Wesen, die gegen böse Mächte unterzugehen drohen. In der Märchenwelt, wie auch in Handlungsballetten, sind Protagonistinnen wie Schneewittchen nicht im eigentlichen Sinne heldenhaft, sondern bekleiden eher eine Opferrolle. Die weiblichen Hauptrollen in Märchen sind oft Prinzessinnen, die am Happy End ihren Prinzen finden. Auch Schneewittchen, wenn auch ihr Prinz eher blass wirkt. Denn Richard Wherlock setzt auf Heldinnen: „Das Stück heisst Snow White, doch spielt die Königin, welche das Böse vertritt, eine Hauptrolle“. Ausdrucksstark, kraftvoll und mitreißend getanzt ist Stiefmutterkönigin (Debora Maiques Marin) die heimliche Hauptfigur des Ballettabends.

Ihre Garderobe ist sprichwörtlich ein Highlight: glitzernd bestickte Roben mit Schleppe und ein feuerrotes Kleid – von Hand bemalt. Schneewittchen (Andrea Tortosa Vidal) im weissen Tüllkleid hingegen, trägt dieses bis zur Schlussszene. Auf den ersten Blick ein kindliches Wesen. Im Kampf gegen die Stiefmutter eine starke junge Frau, die weiss was sie will: den Königinnenthron. Ein modernes Schneewittchen, das mit beiden Beinen im Leben steht.

Linkisch, liebenswert und bis über sieben Berge hinaus in Schneewittchen verliebt sind die sieben Zwerge. Jedem der dreh- und sprungfreudigen Gesellen hat Richard Wherlock einen unverkennbaren Charakter und Bewegungssprache verpasst. Hinter den Bärten blitzt immer wieder der Schalk hervor. Jeder Zwerg ist ein Höhepunkt für sich. Für einmal ist es nicht der Prinz, der Schneewittchen rettet. Heldenhaft, wenn auch zufällig, sind es sind die Zwerge: Sie schubsen Schneewittchen in Richtung des Prinzen – das giftige Apfelstück, das im Hals steckt, fliegt dabei heraus.

Weiss wie Schnee, rot wie Blut, schwarz wie Ebenholz. Farben, mit welchen auch die Kostümdirektorin Catherine Voeffray zeichnet. Die Kostüme scheinen aus einer märchenhaften Zuckergusswelt zu kommen. Das Bühnenbild (Bruce French) erinnert an ein Kinderbuch: „Es ist eine Popup-Kartenwelt, wie eine dieser 3D-Karten, die wir uns zu Weihnachten schenken“, beschreibt Wherlock. Ein weiteres Element, das sich der Ballettdirektor aus der heutigen realen Welt ausgeliehen hat, sind Videoprojektionen. Diese projizieren und multiplizieren „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer ist die Schönste im ganzen Land“ von der Bühne in eine virtuelle Welt.

Für das Basler Schneewittchen haben Richard Wherlock und Timothy Henty eine neue Partitur erstellt: Ein märchenhaftes Klangbild aus dem Werk des grossen Komponisten Dmitri Schostakowitsch geschaffen. Das Ballett Basel entführt den Zuschauer in eine Märchenwelt – erzählt in inspirierender Tanzsprache. „Jeder Mensch hat eine Fantasie und diese versuche ich mit meinen Stücken wie ein Feuer zu entfachen“, verrät Wherlock und bietet mit „Snow White“ einen Abend, der einen die reale Welt für einen Moment vergessen lässt.
 

Kommentare

Noch keine Beiträge

Ähnliche Artikel

basierend auf den Schlüsselwörtern