Raffinierte Vorspeisen - Hauptgänge folgen
Das Zürcher Ballett präsentiert den vierteiligen Ballettabend „Restless“
Zwei große Abendfüller hat das neu formierte Ballett Zürich in dieser Spielzeit schon auf die Bühne gebracht: „Romeo und Julia“ in der Choreografie seines Chefs Christian Spuck als Uraufführung und „Schwanensee“ von Heinz Spoerli als Wiederaufnahme. Jetzt kam ein dreiteiliger Ballettabend mit abstraktem Tanz zur Premiere am Zürcher Opernhaus (16.2.2013). Wobei „abstrakt“ ein relativer Begriff ist. Denn solche Stücke haben zwar keine durchgehende Handlung mit festen Figuren, können aber trotzdem konkrete Szenen und Gefühlsabläufe enthalten.
Der neue „Ballettabend“ – ein besserer Sammeltitel wurde offenbar nicht gefunden! – bringt herausragend getanzte Wiederbelebungen von William Forsythes „New Sleep“ (1987) und Paul Lightfoot/ Sol Leóns „Sleight of Hand“ (2007). Zwei wegweisende klassisch-zeitgenössische Stücke, die längst ihre Form gefunden haben. Die Überraschung des Abends war deshalb die Uraufführung von „Hill Harper’s Dream“ in der Choreografie von Edward Clug. Das Stück strahlt noch den Reiz des Unvollkommenen aus, bezaubert durch seine surreale Wintermärchen-Poesie.
Der junge Rumäne Edward Clug, heute Chef des Slowenischen Nationalballetts in Maribor, und sein Komponist Milko Lazar haben „Hill Harper’s Dream“ in dauerndem Hin und Her kreiert. Jetzt spielen hinten rechts auf der Bühne zwei Harfenistinnen (Julie Palloc und Anne-Sophie Vandenbogaerde-Vrignaud) Lazars magisch-melodische Weisen. Vorn bewegen sich mit Energie, Grazie und voller Experimentierlust neun Tänzerinnen und Tänzer: Sarah-Jane Brodbeck, Juliette Brunner, Mélissa Ligurgo, Katja Wünsche sowie Cristian Alex Assis, Jan Casier, Andrei Cozlac, Manuel Renard und William Moore. Sie tragen farbige Trikots, im Gegensatz zu den Figuren in den Stücken von Forsythe und Leightfoot/León, die schwarz gekleidet waren, mit ein bisschen Grau und Weiss. Die Neun tanzen zunächst ziemlich halsbrecherisch auf dem neutralen weißen Bühnenboden, allerlei verrückte Abläufe ausprobierend (Kostüme Leo Kulas, Bühnenbild Marko Japelj).
Doch dann bäumt sich hinten links der Boden zu einem Hügel auf. Unwillkürlich melden sich Assoziationen an Winter und allerlei Sportarten. Der Tanz nimmt Elemente etwa vom Eiskunstlauf auf, die Figuren am Hang ringen um Balance, stürzen oder werfen sich wohlig in den Schnee. Den heiteren Höhepunkt bildet ein Pas de Deux zwischen einem Skilangläufer und einer Ballerina auf Spitzen (Renard/ Brodbeck). Am Schluss schwebt eine Sesselbahn-Kabine über die Bühne – und die wirkt leider viel zu realistisch im sonst so poetischen Ballett von Edward Clug. Das Publikum nahm’s nicht weiter übel und applaudierte frenetisch zu allen drei Stücken des „Ballettabends“.
Übrigens: Der Titel „Hill Harper’s Dream“ hat natürlich nichts zu tun mit dem amerikanischen Serienschauspieler Hill Harper. Sondern mit Hügel und Harfen – siehe oben.
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