Einflüsse auf das Muskelskelett?
BallettCompagnie Oldenburg nimmt an Forschungsprojekt teil
Thomas Hauert und seiner Kompanie ZOO präsentierten ihre neue Produktion „Mono“ im Frankfurt LAB
Das war eine unglaublich aufgeregte Stimmung im Frankfurt LAB. Am Ende des ersten Tages des viertägigen Treffens „Live & Online 2013“ im Rahmen des Projekts Motion Bank lag enorm viel Energie in der Luft. Am Abend zuvor war die Publikation mit den bisherigen Forschungsergebnissen der auf vier Jahre (2010-2013) angelegten Phase 1 von Motion Bank vorgestellt worden. Das von William Forsythe und seiner Kompanie angeregte Projekt erfreut sich weiter Unterstützung: finanzieller, künstlerischer und wissenschaftlicher Art. Am Anfang stand die Idee der Bewahrung und Vermittlung von Tanz, mittlerweile geht es genauso intensiv um Austausch, Experiment und Diskussion. Bisherige Gastchoreografen/innen sind: Jonathan Burrows/Matteo Fargion, Bebe Miller Company und ZOO/Thomas Hauert.
Und an diesem vibrierenden Freitagabend wurde nun die neue Produktion „Mono“ von Thomas Hauert und seiner Kompanie ZOO vorgestellt. Ein Stück für acht Tänzer und einer Geigerin, bei dem es darum geht „individuelles choreografisches Material, kollektive Strukturen und übergeordnete Bewegungskräfte in ein Kaleidoskop unabhängiger Ereignisse zu überführen“. Vielleicht nähert man sich dem Ergebnis eher über die Arbeitsweise des Schweizers Hauert, der lange bei Keersmaeker und Rosas getanzt hat. Seit 1998 hat er seine eigene Kompanie, erarbeitet neue Stücke mit ihnen gemeinsam und versucht immer wieder gewohnte Körpermuster abzulegen und neues zu erproben.
Ein solches Ansinnen bringt verblüffende Ergebnisse, trifft aber bekanntlich auf körperliche Grenzen. Und was für die Tanzenden in der Vielzahl der Variationen spannend sein mag, ist es für Zuschauer in der Wiederholungsschleife nicht unbedingt. Der Applaus im Frankfurt LAB war jedenfalls ungewöhnlich zurückhaltend, obwohl es ausschließlich aus Experten bestand. Aber vielleicht waren alle ermattet von der Anstrengung des Tages. Oder das Stück müsste etwas gestrafft werden, 80 Minuten angestrengtes Zuschauen, ohne Momente der Erleichterung, ist schon heftig. Wie sehr erst für die Tanzenden.
Eine wichtige Rolle spielt die Geigerin (Noemie Bialobroda), die im langen Abendkleid gravitätisch schreitend so etwas wie den konventionellen Bühnenpart gibt. Doch was sie ihrem Instrument entlockt ist wenig konventionell, melodiös höchst selten, eher aufgeregte Stimmung verbreitend. Die einzig amüsante Szene des Abends ist die, wenn die Tänzer ihr wie eine wogende Masse folgen. Und das überraschende Ende, bei dem die Tänzer versuchen, die Musikerin zu bewegen, und sich nicht von ihrer Musik bewegen zu lassen - wie sonst üblich.
Das ist wohl das eigentliche Thema: was bewegt uns, wonach bewegen wir uns, wie sehr sind wir abhängig von äußeren Kräften? Manches Mal wirken die Tänzer wie Puppen oder Roboter, erinnern an Figuren in Computerspielen. Immer sind zwei völlig miteinander verknäuelt, ob im Stehen, Sitzen oder Liegen, verweben sich derart ineinander, dass man die einzelnen Teile gar nicht mehr den Körpern zuordnen kann. Die anderen sind dann einzeln unterwegs, ein disparates über die gesamte Bühne Huschen, Hinken, Gleiten, Schütteln, Rollen – wie auch immer sich Körperbewegungen beschreiben lassen.
Es gibt Momente, da sieht es tatsächlich wie Tanz aus, vor allem wenn der langhaarige Mann im Frauenkleid seine abgezirkelten Bewegungen zelebriert. Aber das währt nur kurz, ist nicht mehr als ein Zitat oder Verweis, dann wird es wieder irritierend bis verstörend. Wozu auch die akustische Kulisse mit vielen Alltagsgeräuschen beiträgt (Fredy Vallejos), in die die Geige virtuos einstimmt und zu der auch der Regen auf dem Hallendach einen Beitrag leistet und ebenso die häufigen Lichtwechsel (Bert van Dijck), die Atmosphären von Tag und Nacht, draußen und drinnen, Jahreszeiten und Wetter zaubern.
Es tanzen: Thomas Hauert, Fabian Barba, Liz Kinoshita, Sarah Ludi, Albert Quesada, Gabriel Schenker, Samantha van Wissen, Mat Voorter.
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