„Shine“ von Heidi Vierthaler

„Shine“ von Heidi Vierthaler

Stop thinking!

4. Biennale Tanzausbildung in Dresden

„Education – Profession_A Creative Process“: Deutsche Ausbildungsinstitutionen für Tanz treffen diese Woche erstmalig auf internationale Partner. An zwei Abenden stellten die Studenten in der Semperoper Arbeiten ihrer Schulen vor.

Dresden, 19/02/2014

Die Ausbildungskonferenz Tanz rief, und das Fachpublikum kam. Dass es sich am Montag und Dienstag aber vor allem um öffentliche Präsentationen für das allgemeine Publikum handelte, hatte sich in Dresden offenbar nicht weit herumgesprochen. Voll besetzt waren die Ränge der Semperoper keineswegs. Dabei zeigten beide Abende überaus Lohnenswertes.

Den Auftakt machte die Folkwang Universität (Essen) mit ihrem „Tannhäuser-Bacchanal“ in einer rekonstruierten Choreografie von Pina Bausch. Die Sinnlichkeit des Momentes ist hier in einer Sprache zum Ausdruck gebracht worden, die mancher an der Grenze zum Kunsthandwerk sieht. Altbacken ist aber rein gar nichts.

Dass in der Folge höchst unterschiedliche Arbeitsansätze zu sehen waren, liegt in der Natur der Sache. Interessant waren vor allem auch die Formen der Präsentation. Neben dem reinen Tanz wurden Improvisationstechniken erläutert und Videos gezeigt, die die einzelnen Entstehungsprozesse der jeweiligen Arbeiten dokumentieren. Dadurch wurden in einzelnen Fällen auch die individuellen Lernprozesse der Studenten deutlich.

Text spielte in mehreren der Arbeiten eine Rolle, sei es eher kryptisch, wie in Martin Hansens merkwürdigem Schwanen-Solo „Monumental“ (Hochschulübergreifendes Zentrum Tanz, Berlin) oder pantomimische Elemente unterstützend, wie in Marina Macarells wunderbar intimem Duo „The Eye’s History“ (Codarts – Rotterdamse Dansacademie).

Umjubelt war besonders das Heimspiel der gastgebenden Palucca-Schule, die mit Ausschnitten ihrer neuesten Arbeit „Shine“ von Heidi Vierthaler absolut punkten konnte. Der erfrischende Ansatz der gemeinsam mit den Studenten erarbeiteten Choreografie bringt mit einer lässigen Handbewegung das Lebensgefühl einer jungen Generation auf den Punkt.

Überraschen konnten auch die Gäste aus Toronto (Canada’s National Ballet School), die zeigten, dass man zu Soul, Jazz und Swing einer Nina Simone neoklassisch inspiriert auf Spitze tanzen kann.
Petipas 2. Akt aus „Le Corsaire“ von der Staatlichen Ballettschule Berlin als die beiden Abende abschließende Arbeit zu präsentieren, führt zu einem verblüffenden Effekt. Die in ihrer traditionell-klassischen Bewegungssprache an Stummfilmästhetik und aus heutiger Sicht fast schon die Grenzen des Kitsches stoßende Ästhetik setzt einen starken Kontrast zu zeitgenössischen Ansätzen. Trotzdem wirkt die Choreografie kein bisschen angestaubt. Das ist nicht zuletzt auch der exzellenten Ausführung der Solisten zu verdanken.

Hier wurde zum Abschluss noch einmal mehr als deutlich, dass Tanz neben allem künstlerischen Anspruch vor allem eins ist: knochenhartes Handwerk. Da nimmt es nicht Wunder, wenn eine der Studentinnen in einer Erläuterung meinte, sie hätte erst lernen müssen, beim Tanzen das Gehirn außen vor zu lassen.
 

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