Ein Klassiker für jedes Alter
Edward Clug und Jürgen Rose bescheren dem Stuttgarter Ballett einen durch und durch familientauglichen „Nussknacker“
Pick bloggt: Über die Ausstellung zu Jürgen Rose im Deutschen Theatermuseum
Ehe ich mich auf die Reise machte, um auch nur einen kleinen Teil der vielen Festivals im Mai zu besuchen, hatte ich noch das große Vergnügen die Ausstellungseröffnung von Jürgen Roses Lebenswerk zu erleben. Die Reden des Präsidenten der Bayerischen Akademie der Künste und der Direktorin des Deutschen Theatermuseums, die beide für diese Ausstellung ihre Räume zur Verfügung stellen, ließen keinen Zweifel daran, welche Bedeutung der 78-jährige Bühnen- und Kostümbildner nicht nur für München hat.
Die Laudatio, die Dieter Dorn, der zunächst Roses Intendant an den Münchner Kammerspielen und dann am Residenztheater war und den Spruch „keine Rose ohne Dorn“ prägte, beendete seine launige Rede mit einem „Wir haben lange nichts zusammen gemacht (voriges Jahr den „Ring“ in Genf), also lass uns schnell wieder was machen!“ Auch John Neumeier scheute nicht, dem Meister zu huldigen, den er, damals selbst noch Anfänger, gefragt hatte, ob er mit ihm arbeiten wolle – das zog Meisterwerke nach sich wie „Kameliendame“, „Sommernachtstraum“ und „Schwanensee“, um nur einige zu nennen. Er erinnerte zudem an eine Zusammenarbeit beim Royal Winnipeg Ballet, als Rose wegen eines Schneesturms in Toronto den Weg in die Hauptstadt von Manitoba fast nicht gefunden hätte. Es war auch in Kanada, wo ich beim National Ballet das Vergnügen hatte, Roses Kostüme in „Lilac Garden“ von Antony Tudor und Crankos „Romeo und Julia“ zu tragen.
Celia Franca, damalige Direktorin der Kompanie, holte diese Version sofort nach Kanada, obwohl weder Choreograf noch Ausstatter zu der Zeit Weltstars waren – und „Romeo und Julia“ ist, glaube ich, immer noch im Repertoire, genauso wie in Stuttgart. Natürlich würde man Jürgen Rose nicht gerecht, wenn man ihn auf's Ballett beschränken würde, obwohl ich glaube, dass er bei den Choreografen durch seine intensive Mitarbeit, die er wahrscheinlich aus seiner Arbeit mit Schauspielregisseuren mitbrachte, starken Einfluss auf die Dramaturgie von Inszenierungen und nicht nur auf Bühnenbild und Kostüme hat.
Es ging mir beim Rundgang durch das Theatermuseum in den Kolonaden der Münchner Residenz wie den meisten Besuchern: bei dieser Phantasiewelt mit höchst nostalgischen Gefühlen, beim Wiedersehen mit alten Bekannten und Freunden, mit denen man unwiederbringlich schöne Stunden erlebt hat. So wusste ich zum Beispiel gar nicht, dass ich die erste Zusammenarbeit von Rose und Dorn in den Kammerspielen – „Minna von Barnhelm“ mit Cornelia Froboes als Franziska – noch gesehen habe (wodurch ich mich gleich nochmal zehn Jahre älter gefühlt habe). Ich kann die Schauspielaufführungen nicht alle nennen, die mir unvergesslich bleiben – etwa die, die inszeniert waren von Rudolf Noelte oder Gustav Rudolf Sellner, aber auch dessen unvergesslich starken „Wozzeck“ mit Anja Silja in Roses Ausstattung bei den Salzburger Festspielen. Die Liste solcher Sternstunden, die mit Rose verbunden sind, ist lang. Ich erinnere mich gerne an Otto Schenks „Elektra“ an der MET, aber auch an das fast kitschige, aber adäquat für den Anlass „Poeme de l'Extase“ für die alternde Assoluta Margot Fonteyn und die erotisierten Herren des Stuttgarter Balletts.
Man sieht auch die Entwürfe zu Crankos Inszenierung der „Lustigen Witwe“, die ich leider verpasst habe, die aber Furore machte – vor allem der Ausstattung wegen! Der genial begabte Bühnenbildner hat aber auch im reiferen Alter nicht widerstanden selbst Regie zu führen; etwa die „Zauberflöte“, die er für Bonn erdacht hat, als man offenbar schon nicht mehr so viel Geld hatte, in einem Bühnenbild, dass eher so aussah als ob es seine Schülerin Rosalie drapiert hätte (was für mich durchaus nichts Negatives ist).
Diese Ausstellung ist mit so viel Liebe und, wie immer bei Rose, detailverliebt gemacht. Postkarten mit den Beschriftungen, welche Kostüme in welcher Inszenierung man gerade betrachtet, wurden von Lioba Schöneck gemacht, einer Fotografin, die in ihrem ersten Leben Tänzerin aus Passion war – und auch da schließt sich der Kreis, wie vielseitig begabt doch die Theaterleute sind. Ich kann nur jedem empfehlen, diese Ausstellung zu besuchen und viel Zeit mitzubringen, denn es gibt so viel zu sehen, auch Videos, aber vor allem Originalkostüme, die richtig inszeniert werden und selbst aus der Nähe so kostbar wirken, wie man das bei Theaterkostümen nicht vermuten würde.
Die Ausstellung im Deutschen Theatermuseum in München läuft bis Oktober 2015.
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