„Battleground“ von Louise Lecavalier

„Battleground“ von Louise Lecavalier

Mit der Präzision eines Uhrwerks

Louise Lecavalier umkämpft leichtfüßig ihren „Battleground“

Sie ist bekannt für ihre unbändige Art des Tanzes. Auch ihre neueste Arbeit erscheint wie ein einziger Atemzug. In ihr zeigt die kanadische Ausnahmekünstlerin, dass es für einen Kampf nicht unbedingt einen Gegner braucht

Dresden , 21/02/2016

Sie ist ihr eigener Ritter. Ihre Rüstung ist schwarz, unter der glänzenden Kapuze lugt ihr signifikanter Pony hervor. Die glänzenden Hosen sind an den Enden der Beine ausgestellt, etwas zu kurz, um ihre beeindruckende Fußarbeit sichtbar zu machen. Louise Lecavalier ‚kämpft’ anfangs nur mit einem Arm. Es dauert einige Minuten, bis ihr gesamter Körper zum Einsatz kommt. Bis dahin trippelt sie wie ein Insekt über den hellen Tanzboden, ohne die Knie voneinander zu lösen.

Die spröde Holzwand, die den Hintergrund begrenzt, hat Baumarktcharakter. Keine Schnörkel, nichts, was ablenken könnte. Das Licht (Alain Lortie) führt die Geometrie dieser Wand weiter. Rechte Winkel, gerade Linien. Ein deutlicher Kontrast zur natürlichen Organik in den Bewegungen. Das Vokabular ist wie gewohnt eher natürlich als artifiziell. Das typisch Mechanisch-Repetitive in den Bewegungen Lecavaliers weist eine Präzision auf, die keinen Zufall möglich scheinen lässt.

Der Aktionsraum, der ihren „Battleground“ darstellt, ist aber frei von Bedrohlichkeit und eher wie ein Brettspiel: Alles ist deutlich umrissen, die Grenzen sind gezogen und die Regeln bekannt. Alles Wilde ist Ritual und Spiel, Albernheiten und bewusst Belangloses inklusive. Und da der Ablauf eines Rituals eben bekannt ist, kann dieser getrost unterbrochen werden: Louise Lecavalier setzt sich auf einen Hocker, ganz dicht neben dem Tanzboden, verharrt kurz und starrt dabei wie gebannt ‚in den Ring’. Antoine Berthiaume, der als Live-Musiker im Wortsinn den Takt vorgibt, reicht ihr eine Trinkflasche. Ein kleiner Schluck genügt, dann geht es ab in die nächste Runde. Trotzdem ist das kein Boxkampf. Es gibt hier einfach weit und breit keinen Gegner.

Das ändert sich auch mit dem Auftritt Robert Abubos nicht. Er tanzt mit ihr, aber ist eben nicht als Gegner choreografiert. Er ist aber auch kein Partner auf Augenhöhe. Das macht seine Rolle interessant. Er ist Reagierender, Ergänzung, Verlängerung der Aktionen Lecavaliers. Er ermöglicht ihr Bewegungssequenzen, die allein nicht realisierbar sind und stützt die Gesamtaussage, bleibt aber bis zum Ende quasi einen Schritt hinter ihr. Diese Form der Ergänzung ist zwar nicht neu, bereits in „So blue“ (2012) hat Lecavalier in vergleichbarer Weise mit Frédéric Tavernini gearbeitet, ihre Wirksamkeit verfehlt sie aber trotzdem nicht. Das Publikum im Festspielhaus Hellerau hat es entsprechend von den Sitzen gerissen.
 

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