Vereinzel(l)ung unter Rahmen-Bedingungen
Dresden Frankfurt Dance Company mit „Welcome“ im Festspielhaus Hellerau
Die Spielzeitpressekonferenz in Hellerau liefert mit Rückblick und Vorschau auf neue Vorhaben die beste Begründung
Für Dresdens Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch (Die Linke) ist es ein guter Moment, die Vorhaben der neuen Spielzeit mit der Dresden Frankfurt Dance Company in Hellerau, dem Europäischen Zentrum der Künste in Dresden, zu präsentieren. Der Blick in die Zukunft ist nicht zuletzt deshalb so hoffnungsvoll, weil der Blick zurück alles andere als einer im Zorn ist, denn in den letzten drei Jahren konnten sich bei den Aufführungen dieser Company die Zahlen der Zuschauer um satte 45 Prozent steigern.
Der Moment für diese Präsentation ist gut gewählt, unmittelbar nach der erfolgreichen, jüngsten Premiere „Extinction of a Minor Species“ in der Choreografie des künstlerischen Direktors Jacopo Godani, und kurz nach dem Beschluss des Dresdner Stadtrates vom 11. Mai, mit den Stimmen von CDU, Die Linke und den Grünen, gegen SPD und AfD, Vertrag und Finanzierung für diese Company bis zum Jahr 2021 zu sichern.
Die Landeshauptstadt, so die Kulturbürgermeisterin, bekenne sich zum Thema Tanz, insbesondere zu dessen unterschiedlichen Facetten, wie sie z.B. in Hellerau zu erleben sind. Nicht zuletzt durch die Vielzahl internationaler Koproduktionen und Gastspiele, mit denen sich das Haus als Zentrum des zeitgenössischen Tanzes in seinen Verbindungen zu den speziellen Traditionen dieses Ortes in der zu Ende gehenden Intendanz von Dieter Jaenicke weit über Dresden hinaus einen Namen gemacht habe.
Es sei aber gerade deshalb so wichtig, mit der Dresden Frankfurt Dance Company jene Kontinuität zu fördern, die mit ihren zahlreichen Aktivitäten – wie Kooperationen mit der Dresdner Hochschule für Tanz, mit der freien Szene, mit offenen Workshopangeboten für alle – ihre so speziellen wie mitunter auch zum konstruktiven Dialog anregenden oder gar heftig herausfordernden Inszenierungen regelmäßig erlebbar zu machen.
Das sieht auch Helleraus Intendant Dieter Jaenicke so, für den die letzte gemeinsame Spielzeit mit dieser Company ansteht. Für ihn sind die künstlerischen Ergebnisse dieser Zusammenarbeit die besten Gründe für die auch von ihm herzlich begrüßte Entscheidung der Mitglieder des Stadtrates.
Finanziell konnte man sich auf eine Reduzierung der jährlichen Förderung von 1,5 Millionen Euro durch die Stadt im Rahmen des weiter bestehenden Hauptstadtkulturvertrages, um 120.000 Euro einigen. Diese Einsparungen aber bleiben laut Festlegung dem Tanz erhalten, denn sie sind gebunden zur Finanzierung von Projekten der Dresdner freien Tanzszene in Hellerau.
Der somit begründete Fortbestand der Company, die Absicherung ihrer Arbeit und der Dresdner Residenzen ist natürlich für den künstlerischen Leiter Jacopo Godani und Luisa Sancho Escanero, seine Referentin und künstlerische Koordinatorin, willkommener Anlass, erfreut zurück zu blicken auf geleistete Arbeit, auf den Zuspruch des Dresdner Publikums, aber vor allem jetzt mit der Vorstellung künftiger Projekte und Vorhaben in die Zukunft zu blicken. Und was sie da vorstellen und ankündigen, das weckt Spannung und Neugier. Keine Rede von Klagen wegen der Einsparung, im Gegenteil, man mag nur staunen über diese künstlerische Antwort nach dem Motto: Jetzt erst recht!
Kunst müsse immer in der Korrespondenz zu gesellschaftlichen Veränderungen stehen, dabei komme es darauf an, die Menschen auch abzuholen, ganz praktisch, wie in der aktuellen Produktion, die noch bis zum 5. Juni im Festspielhaus zu erleben ist, mit einer assoziativen, hinführenden Installation als Begleitung beim Eingang zum Saal, an der 14 Studierende der Dresdner Hochschule für Tanz beteiligt sind. Diese Hinführungen, ob mit Ausstellungen oder Installationen, die es dem Zuschauer ermöglichen sollen, aus der Welt des Alltags in die der Kunst zu gelangen, um dann mit den hier gewonnenen Erfahrungen, die auch bestenfalls Verunsicherungen hervorrufen können, wieder in den Alltag zurück zu kehren, sollen ihre Fortsetzungen finden.
Godani betont, dass es ihm immer wieder darum gehe, mit den geplanten Uraufführungen bereits kreierte Werke in Beziehungen zu setzen, Kreationen von William Forsythe neu einzustudieren und immer stärker die Talente der 16 Tänzerinnen und Tänzer der Company, von denen allein sechs Absolventen der Dresdner Hochschule sind, mit ihren choreografischen Arbeiten, die sie miteinander erarbeiten, einzubeziehen. So wird im November und im Dezember der Abend „Open Grounds“ mit Choreografien und Installationen von Tänzerinnen und Tänzern der Company seine Dresdner Premiere feiern.
Zuvor, zur Eröffnung der Saison, ab 22. September, kommt mit „Workwithinwork“ eine Neufassung der Choreografie von William Forsythe aus dem Jahre 1998, zur Musik von Luciano Berio in Dresden zur Erstaufführung, kombiniert mit „High Breed“ von Godani. Für das nächste Jahr ist die Uraufführung eines zweiteiligen Ballettabends von Jacopo Godani angekündigt, zunächst ab 21. Februar in Dresden, bevor dann im März die Premiere in Frankfurt stattfinden wird.
Auch wenn zunächst über den pragmatisch anmutenden Namen „Dresden Frankfurt Dance Company“ auch gelästert wurde – Godanis Company bringt den Namen der Landeshauptstadt in Verbindung mit dem modernen Tanz in die Welt. Noch im Juli eröffnet die Company das renommierte Grec-Festival in Barcelona. Im Oktober gibt es ein Gastspiel mit dem Ensemble Modern in der Oper von Tel Aviv und im November sogar beim internationalen Festival für modernen Tanz im berühmten Moskauer Stanislavsky-Musiktheater, bevor das letzte Gastspiel der nächsten Saison die Tänzerinnen und Tänzer im April nach Madrid ins Teatro Real führt. Weitere Gastspiele sind geplant, u.a. in Kolumbien.
Auf diesem Hintergrund, so noch einmal Kulturbürgermeisterin Annekatrin Klepsch, halte sie die Fortsetzung der Finanzierung für absolut gerechtfertigt und sie betont, dass da auch auf der Landesebene, mit der Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst, Eva-Maria Stange von der SPD, Übereinstimmung bestehe. Und denen, die ihre Vorbehalte gegen diese besondere Förderung des zeitgenössischen Tanzes in der Verbindung mit den Einrichtungen der Stadt und des Landes bei internationaler Ausstrahlung hätten, könne man doch nur empfehlen, sich durch Teilnahme zu informieren, seien es Aufführungen, Gespräche, Training, Proben oder Workshops, wie aktuell, wenn die Tänzerinnen und Tänzer an zwei Tagen ausländische Mitbürger einladen, einmal Frauen und Kinder und dann, was ja in diesem Falle eine besondere Herausforderung ist, Männer.
Kunst ohne Risiko, ohne Wagemut, bestenfalls auch ohne produktives Scheitern, ist unmöglich. Die weitere Sicherung der Arbeit der Dresden Frankfurt Dance Company mit ihren besonderen Facetten für die Dresdner Tanzszene ist zu begrüßen.
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