Keine Subventionen in Krisenzeiten

Das Scapino Ballet soll trotz Krisenzeiten auf staatliche Förderungen verzichten

Die älteste Tanzcompany der Niederlande soll in Krisenzeiten auf staatliche Subventionen verzichten. Dies empfiehlt der niederländische Kulturrat der Regierung. Öffentliche Subventionen sollen in Krisenzeiten nicht mehr den international bekannten Institutionen zugutekommen, sondern in regionale kleine Institutionen fließen. Das Scapino Ballet ruft zur Petition auf.

Rotterdam, 08/06/2020

In den Niederlanden wurde Ende letzter Woche der neue Vierjahresplan vom „Raad voor Cultuur“ für die Kulturbranche vorgelegt. Darin ist vorgesehen, dass öffentliche Förderungen vor allem an regionale und weniger an Institutionen aus den Großstädten gehen sollen. Der Kulturrat möchte mit seinem Plan für 2021 bis 2024 ein breiteres und jüngeres Publikum ansprechen. Die Subventionen sollen demzufolge eher in Richtung Popmusik, urbane Kultur, Musicals, e-culture und kulturelles Leben außerhalb der vier großen Städte fließen. Langjährig öffentlich geförderten Institutionen sollen nun staatliche Subventionen gestrichen werden, beziehungsweise diese mit Auflagen verbunden werden, die es nun zu erfüllen gilt.

Überhaupt kein Glück hat das Scapino Ballet aus Rotterdam. Ab 2021 soll es den Empfehlungen des Kulturrats zufolge keinerlei staatliche Subventionen mehr erhalten. Dabei gehört das Scapino Ballet Rotterdam zu den führenden Ensembles der holländischen Tanzszene. 1945 wurde es von Hans Snoek gegründet, um Kindern nach dem Zweiten Weltkrieg wieder mehr Freude zu schenken. Damit ist das Ensemble das älteste der Niederlande, welches auch heute noch national und international erfolgreich auf Tournee geht. In diesem Jahr erst feierte die Company ihr 75jähriges Bestehen.

Grund für die Umstrukturierungen der staatlichen Kulturförderungen sei der Wunsch, bisher unbekannte und regionale Institutionen zu fördern, die aufgrund der Corona-Krise in der Existenz bedroht seien. Dem Scapino Ballet wird scheinbar zugetraut, auch ohne staatliche Förderung überleben zu können. Nun ruft das Scapino Ballet zu einer Petition auf. Einer der berühmten Unterzeichner, der Choreograf und langjährige künstlerische Leiter des NDT Jiří Kylián, drückt sein Unverständnis darüber aus: „Undenkbar! Scapino ist eine der führenden Tanz-Kompanien Europas. Die kreative und innovative Herangehensweise hat die gesamte Tanzkultur in den Niederlanden grundlegend beeinflusst!“

Der Raad voor Cultuur wurde 1995 gegründet und ist seither das gesetzliche Beratungsgremium der niederländischen Regierung und des Parlaments in den Bereichen Kunst, Kultur und Medien. Dieses Gremium unterbreitet der Regierung alle vier Jahre Vorschläge, wie sich die staatliche Kulturförderung der Niederlande in den folgenden Jahren gestalten soll. Diese Empfehlungen sind jedoch nicht bindend, der zuständige Minister fällt die endgültige Entscheidung erst im September darüber, welche Institutionen förderfähig sind. Das Scapino Ballet kann also noch hoffen.
 

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