„Ohne Giovanni. Aber mit Mozart“ von Katja Erdmann-Rajski
„Ohne Giovanni. Aber mit Mozart“ von Katja Erdmann-Rajski

Mozarts Erotik auf der Spur

„Ohne Giovanni. Aber mit Mozart“ von Katja Erdmann-Rajski in Stuttgart

Eine Body-Opera, im Zentrum der Körper als Instrument, bewegt von der Musik in Interaktionen mit Licht und Raum, ausgeführt von Profis und Tanzbegeisterten, die mit Experimentierfreude und Ausdrucksvielfalt Mozarts Don Giovanni neu erzählen.

Stuttgart, 19/09/2020

Von Christiane Franke

Don Giovanni hat in Mozarts Oper viel vor. Er verführt, mordet, streitet, prügelt sich, schickt Bauern in die Irre, veranstaltet ein Fest und plant, weitere zehn Frauen auf seine Eroberungsliste zu setzen. Alles innerhalb 24 Stunden. Rastlosigkeit kennzeichnet sein Leben, psychosomatisches Verhalten sein Wesen. So erzählt es Mozart mit seiner Musik, ein Kaleidoskop an Emotionen, tragisch düsteren Szenarien und Verspieltheiten, kein Moment der Ruhe, nur wenn es um Verführung geht, scheint die Zeit still zu stehen. Darauf konzentrierte die Tänzerin und Choreografin Katja Erdmann-Rajski ihr jüngstes Tanztheaterprojekt „Ohne Giovanni. Aber mit Mozart“, das am Donnerstagabend im Treffpunkt Rotebühlplatz in ihrer Wahlheimat Stuttgart eine umjubelte Premiere feierte.

Der Titel sei Programm, erklärte die Choreografin zur Einführung am Premierenvorabend im Gespräch mit Stuttgarts Opernintendanten Viktor Schoner. Die Tänzer*innen sollten intuitiv die Musik in Körpersprache übersetzen, ohne zu wissen, worum es in der Geschichte gehe. Auch hatte sie in einer ersten Präsentation noch vor dem Lockdown das Publikum eingeladen, in aller Öffentlichkeit Mozarts Musik in Tanzbewegungen individuell auszudrücken.

So entstand im Prozess mehrerer Monate und unter Einfluss der coronabedingten Einschränkungen eine Body-Opera, im Zentrum der Körper als Instrument, bewegt von der Musik in Interaktionen mit Licht und Raum, ausgeführt von Profis und Tanzbegeisterten, die mit Experimentierfreude und Ausdrucksvielfalt Mozarts Don Giovanni neu erzählten.

Der erste Akt, im Robert-Bosch-Saal getanzt, ist vor allem von ausdrucksstarken Soli, Duetten und Ensembleeinlagen der Profis bestimmt. Zur Aufnahme von Nikolaus Harnoncourt aus dem Jahr 1988 tanzen sie, drei Frauen und zwei Männer, ausgeblendet die Worte, einzig geleitet vom Klang der Stimmen. Formschön und exzessiv ausdrucksstark gestalten Julia Brendle, Saskia Hamala, Laura Guy, Martin Angiuli und Davide Degano zarte oder emotional aufgeheizte Szenen, in Mimik und Körpersprache so fein und differenziert wie die Musiksprache Mozarts, hocherotisch, verspielt oder witzig. So erzählen sie detailverliebt in großen Gesten oder minimalistischsten Bewegungen ihre intuitiv kreierte Interpretation von Mozarts Don Giovanni, abgerundet von Einlagen der Tanzbegeisterten mit nicht minder inspirierenden Soli.

Den zweiten Akt erleben die Zuschauer im offenen Treppenhaus der VHS. In Bewegung sind hier nicht nur die Tänzer*innen, sondern auch Publikum. Szenen des Tanzensembles verschmelzen mit der beeindruckenden Raum-Lichtgestaltung in der imposanten Treppenhaus-Architektur. Dominierten im Saal die Charaktere, so wandelte sich Mozarts Don Giovanni im offenen Raum zu einem Gesamtkunstwerk aus Bewegung, Raum und unerhörten Zwischentönen.

Weitere Vorstellungen im Robert-Bosch-Saal des Treffpunkts Rotebühlplatz, Stuttgart
 

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