Israel Galván in „Radio Concert“

Der Tänzer als Musiker

„Radio Concert“ von Israel Galván bei ImPulsTanz Wien

Der Tanz gilt als die flüchtigste aller Künste. Der Flamencotänzer Israel Galván will zumindest die Klänge, die dabei entstehen, festhalten.

Wien, 07/08/2022

Für Israel Galván, einen der weltbesten Flamencotänzer, der es nicht so sehr mit der Tradition hält, steht in „Radio Concert“ der Klang, den er erzeugt, im Mittelpunkt. Denn er war müde, „nur“ Geräusche mit seinem Tanz zu machen. So stellte er sich die Frage, ob es möglich ist, dass man nur den Klang hört und dadurch den Tanz spüren und sehen kann. Ziel der Performance, bei der das Publikum den Tänzer (noch) sehen konnte, ist eine CD-Aufnahme. Und das, was man zu sehen bekam, ist durchaus atemraubend und begeisterte das Publikum.

In einer knappen Stunde erforscht Galván unterschiedliche Resonanzräume und Klangkörper. Unterstützt wird er dabei vom herausragenden Sound Engineer Pedro León, der den Ton nicht nur verstärkt, sondern teilweise auch verfremdet. Zu Beginn tanzt Galván auf einer Stufe des hölzernen Orchesterpodiums, wechselt dann zu unterschiedlichen Metallplatten, Holzkästen, Trommeln, verwendet Kastagnetten sowohl in den Händen als in einer Vielzahl am Boden liegend und auf ihnen tanzend.

Zwischendurch hat man fast das Gefühl, dass seine Füße Feuer gefangen haben. Doch der scheinbare Rauch ist Staub, der von den ganz feinen Kieselsteinen aufsteigt, auf denen Galván ebenso tanzt und mit den Händen darin wühlt. Am beeindruckendsten ist die Klangerforschung auf einem Klavierflügel – der Resonanzkasten mit den Saiten liegt am Boden. Galván steht auf den Saiten, bringt diese tanzend zum Klingen. Etwas später sitzt er auf einem Barstuhl neben dem Flügel: Wiederum bringt er mit seinen Füßen die Saiten zum Schwingen, aber dadurch, dass er nun nicht mehr auf diesen steht, klingen diese ganz anders nach.

Die Ideen zu unterschiedlicher Klangerzeugung scheinen unendlich. Auf einer stark gefederten Holzplatte liegen unzählige Münzen. Als Galván auf der Platte zu tanzen beginnt, kommen die Münzen in Bewegung, springen und rollen herum. Auch hier ein starker Nachhall, bis sich wieder alles beruhigt hat. Zwischendurch immer wieder rhythmisches Klatschen, Schnippen und Bodypercussion sowie vokale Klangerzeugung.

Gegen Ende tauscht Galván die weißen Flamencostiefel gegen Sneakers. Sein Tanz klingt nun anders, weicher, auch der Tanz auf dem Flügel bringt die Saiten anders zum Klingen. Noch einmal anders als er barfuß tanzt.

Dass es ImPulsTanz – Vienna International Dance Festival gelungen ist, für diese Uraufführung mit gleichzeitiger CD-Aufnahme den Großen Sendesaal des ORF RadioKulturhauses zu bekommen, ist noch einmal ein besonderer Clou. Eignet sich der Raum ob seiner Akustik und Bühne – hier befindet sich auch die Heimstätte des ORF Radio-Symphonieorchesters – hervorragend für dieses Projekt. Man darf gespannt sein, wie die fertige CD klingen wird.

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