„danses vagabondes“ von und mit Louise Lecavalier

Alles muss raus!

Louise Lecavalier mit ihrem neuen Solo „danses vagabondes“ im Düsseldorfer tanzhaus nrw

Sie macht, was sie will. Das ist klar. Auch dieses Mal ist sie das nicht zu bremsende Powerhouse. Und sonst? Eigentlich nichts Neues. Macht aber nichts.

Düsseldorf, 08/12/2024

Rückwärts kommt sie auf die Bühne getrippelt. Schon an diesen Schrittfolgen kann man sie erkennen, obwohl sie in dem schwarzen Mantel auf der kaum ausgeleuchteten Bühne fast nicht zu sehen ist. Einmal quer über die Bühne: Schuhe aus! Damit das mal klar ist. Was soll jemand wie Louise Lecavalier auch mit Schuhen anfangen?!

Barfuß geht’s direkt rein in den treibenden Rhythmus, beatlastig. Sie erlaubt sich immer mal wieder, die einzelnen Takte direkt auszutanzen. Sie darf das. Schließlich ist sie Louise Lecavalier. Und das Publikum liegt ihr immer zu Füßen, egal, was sie macht. 

Natürlich kommt sie wieder mit Kapuze. Und natürlich hat man auch dieses Mal wieder den Eindruck, sie wolle sich in ihr verstecken. Schwerfällig schält sie sich irgendwann aus dem Mantel und der Jacke darunter, als wäre es ihr zuwider, sich zu zeigen.

Von dem bodenlangen Mantel abgesehen bleibt sie auch hier ihren Kostümen treu, genau wie auch der Bühne: eine quadratische Spielfläche, die immer ihr persönlicher „Battleground“ ist, wie auch eine ihrer letzten Arbeiten heißt. Auch hier wieder das geometrische Bewegungsmuster über diese Fläche, gerade Linien, die immer wieder durch entsprechende Lichtbalken sichtbar gemacht werden. Auch hier wieder das Spiel mit LEDs. Waren es in „Stations“ vier Säulen mit entsprechenden Lichtern, ist es hier eine quadratische Wand an der Rückseite der Bühne. Vor ihr, im gleißenden Licht, Louise Lecavalier als Silhouette.

Ganz persönliche Freiheit

Unmengen an Ideen und Bewegungsmustern reiht sie scheinbar spontan aneinander, einfach um des Ausdrucks Willen. Das hört und hört nicht auf. Bis sie schließlich ihren Mantel nimmt und man den Eindruck haben kann, sie würde die Bühne verlassen. Sie setzt sich aber nur kurz in die Ecke, ein kurzes Verschnaufen. Sie zieht sich Socken an und weiter geht’s. Immer frisch voran! Keine Zeit zum Nachdenken. Alles muss raus!

Ihre „Landstreichertänze“, wenn man den Titel „danses vagabondes“ übersetzen mag, sind der bloße Ausdruck ihrer persönlichen Freiheit. Dieser Freiheit ging aber, künstlerisch gesehen, kein Akt der Befreiung zuvor. Sie war einfach schon immer so. Die Wilde, die Ungestüme, nicht zu bremsen. Und das ist es, was alle so an ihr lieben. Wer das nicht versteht, muss nur mal nachschlagen, wann sie geboren wurde.

Am Schluss eine Projektion wie eine Supernova. Louise Lecavalier verlässt langsam die Bühne, ganz langsam, zur melancholischen Musik von Nick Cave. Das wird doch wohl hoffentlich nicht ihr letztes Stück gewesen sein!

 

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