Another good old new dance
„Kampung Baru (New village)“ by Raymond Liew Jin Pin as a video-stream
Meghna Bhardwajs „Hopscotch, Mother!“ bei TanzHochDrei 2024 auf Kampnagel
Blaue und weiße Garnschnüre zeichnen ein geometrisches Muster auf den Boden. Eine Frau (Jule Fuchs) springt gekonnt in die Lücken dazwischen – gar nicht so einfach, wenn die freien Stellen teilweise sehr schmal sind. Denn auf die Schnüre zu treten, ist natürlich strengstens verboten. Man fühlt sich so schon beim Betreten der P1 in der Hamburger Kampnagelfabrik an die Geschicklichkeitsspiele aus der Kindheit erinnert: Gummitwist, Himmel und Hölle … und was da sonst noch so alles der kindlichen Phantasie entspringen kann. Eine andere Frau (Meghna Bhjardwaj) sitzt auf einem weißen Klappstuhl und verstrickt das dicke Garn mit großen Nadeln. Von da ausgehend entwickelt sich ein spielerischer Dialog zwischen den beiden – das Strickzeug fliegt beiseite, das auf dem Boden liegende Garn wird aufgewickelt, die Frauen laufen im Kreis, schauen sich an, veranstalten ein kleines Katz-und-Maus-Spiel – wer ist schneller, wer wickelt besser? Sie werfen die Knäuel weg, so dass sich die Fäden wieder auf dem Boden ausbreiten, sie umwickeln die Klappstühle damit, verhakeln sich in den Fäden zu akrobatischen Haltungen. Schließlich halten sie inne, setzen sich auf die Klappstühle und ziehen die Sneakers aus, in denen sie sich vorher bewegt haben. Eine strickt weiter, während die andere sich mit dem Klappstuhl huckepack über den Boden schiebt, sich immer wieder im Garn verhakt, zur Strickerin zurückkehrt und Aufmerksamkeit erheischt.
Und so geht es im ständigen Wechsel weiter – mal mit fließenden, mal mit ruckartigen Bewegungen, die beiden Frauen nähern sich und entfernen sich wieder voneinander, aber über die Fäden bleiben sie doch miteinander verstrickt. Und die Analogie wird deutlich: Meghna Bhardwajs „Hopscotch, Mother“ sei eine „Ode an ihre Mutter, mit der sie zu stricken und zu häkeln begann“, heißt es im Programmzettel. Die im Tanz gezeigten „Muster, Konstruktionen und Rhythmen“ seien „in den Akt des Strickens eingewebt“, mit der Absicht, „einen Sinn für Gegenseitigkeit und Interdependenz zu finden“. So kommen Vergangenheit, Gegenwart und auch eine Zukunftserwartung zusammen.
Meghna Bhardwaj und Jule Fuchs gelingt es, mit dieser im Rahmen von TanzHochDrei auf Kampnagel gezeigten Performance die wechselseitige Beeinflussung im Leben, das Abnabeln und doch Verbunden-Bleiben mit den Eltern – in diesem Fall mit der mütterlichen Seite – auf eine ganz neue, vieldeutige Art ins Bewusstsein zu heben und zu der elektronischen Klangcollage des indischen Musikers Anirbaan Ghosh (BAAN G) immer wieder neue Bewegungsmuster zu erfinden.
Ergänzend zu der Performance gab es auch noch eine sehenswerte Videoinstallation von Meghna Bhardwaj unter dem Titel „We, the Flaneuse“, in der ebenfalls mit dem Symbol des Strickens und Häkelns im öffentlichen Raum gespielt wurde.
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