Tabula Rasa in Köln
Aus für Richard Siegal und sein Ballett of Difference
In Köln soll die neue Tanzsparte drei Jahre später kommen – wenn überhaupt
Noch im Juni feierte man im Stadtrat den Beschluss, ab 2025 wieder eine eigene Tanzsparte in Köln zu haben. Was bei der Erfolgsmeldung unter den Tisch fiel: Die neu erwachte Kölner Tanzbegeisterung war Richard Siegal und seinem „Ballet of Difference“ zu verdanken, der in nur fünf Jahren (assoziiert ans Kölner Schauspiel) einen wahren Hype in der Domstadt auslöste. Kein Wunder – Richard Siegal hat internationale Erfolgsgeschichte auf höchstem Niveau geschrieben. Jeder Mensch in Entscheider-Position mit einem Fünkchen Ahnung von der Tanzszene hätte alles darangesetzt, diese Truppe in Köln zu halten. In der Domstadt dagegen begeisterte sich der Stadtrat für die Idee, mit der organisatorischen Neuzuordnung auch eine Neu-Ausschreibung der Stelle vorzunehmen – trotz der Tatsache, dass die gesetzten Fristen es Siegal eigentlich unmöglich machten, sich um seine eigene Nachfolge zu bewerben. Dass er es trotzdem tat spricht für ihn und dass er schon in der ersten Runde rausflog, spricht für das, was folgt. Das „Ballet of Difference“ wurde in einer denkwürdigen Trauerfeier namens "The People United" am Flügel begleitet von Igor Levit beim Bregenzer Frühling zu Grabe getragen.
Richard Siegal leitet künftig die Tanzsparte in Nürnberg und das Theater klopft sich zu Recht auf die Schultern für diesen Coup. In Köln dagegen schert man sich schon nicht mehr um das dumme Geschwätz von gestern. Weil sich der Etat für die Städtischen Bühnen aus Bau- und Betriebskosten zusammensetzt (wo gibt’s denn so was?) muss radikal gespart werden. Der Tanz, der noch gar nicht da ist, kann laut Kölner Stadtanzeiger ohne gefühlte Einbuße gestrichen bzw. um drei Jahre auf die Spielzeit 2028/29 verschoben werden – jedenfalls, wenn es nach dem geschäftsführenden Direktor der Kölner Bühnen, Patrick Wasserbauer, geht. Außerdem könnte man zudem eine der beiden Ausweich-Spielstätten extern vermieten - obwohl es nun so aussieht, dass sich die für Ende des Jahres anvisierte Fertigstellung der Generalsanierung der Kölner Bühnen weiter hinzieht. Es ehrt die Mitglieder im Kölner Kulturausschuss, dass sie sich nicht zu einem spontanen Abnicken dieser Vorlage durchringen konnten. Bleibt die Frage, ob das Geld für das aufwändige Bewerbungsverfahren, bei dem hochkarätige Kurator*innen und Choreograf*innen honoriert Konzepte erstellen durften, um sich als potentielle neue Tanzleitungen vorzustellen, jetzt für die Mülltonne ist. Ob überhaupt jemand ausgewählt wurde, wird immer noch geheim gehalten. Und ob diejenigen gemütlich drei Jahre warten, ist mehr als fraglich. Viel Grund zur Hoffnung für den Tanz besteht hier nicht.
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