Vom schweren Weg zum Tanz

Nach „Yuli“ wieder ein bewegendes Dokument: der Film „Cuban Dancer“

Regisseur Roberto Salinas folgt hautnah der jungen Karriere des kubanischen Tänzers Alexis Francisco Valdés Martínez. Eine berührende Dokumentation über die Aufopferung für die eigene tänzerische Vision.

Kubaner sein, heißt Kämpfer sein, sagt Alexis in der letzten Szene: Wir geben nie auf. Da hat der graduierte Tänzer eine wahre Odyssee hinter sich. Roberto Salinas erzählt sie in einem berührenden Dokumentarfilm von 2020, der über mehrere Jahre den Weg des Alexis Francisco Valdés Martínez begleitet. Die italienisch-kanadisch-chilenische Koproduktion beginnt, als der Eleve 15 ist und bereits an der Escuela Nacional de Ballet in Havanna studiert. Daheim guckt er Tanzvideos, um sich zu stimulieren. Der Vater ist so begeistert von seinem Sohn, dass er sich später dessen Bild auf den Arm tätowieren lässt. Zuvor erfährt man indes schon vom zentralen Problem: Alexis’ Schwester ist in die USA emigriert, hat von sich hören lassen – und die Familie will nun zu ihr. Alexis tanzt beim zweijährig stattfindenden Meeting internationaler Ballettschulen in Havanna, wird auch sonst bestens betreut und hätte im Heimatland eine gute Karriere vor sich. Und auch mit seiner Freundin ist er glücklich.

Es folgen die leidigen Formalitäten: Anstehen in Endlosschlange vor der amerikanischen Botschaft, Aufruf der Wartenummer. Für Alexis noch eine letzte Schulvorstellung im Teatro America und das Examen seiner Klassenstufe. Das San Francisco Ballet heißt seine schier unerreichbare Traumkompanie. Im Fernsehen sieht die Familie die Reportage vom Besuch Barrack Obamas, in einer Phase des Tauwetters zwischen Kuba und den USA. Danach springt der Film in den Flieger nach Miami. Abschiedsküsse und viele Tränen waren dem vorausgegangen. Wir sehen eine Person wieder und verlieren 100, resümiert Alexis nachdenklich.
Für ihn beginnt nun eine schwierige Etappe: Anschluss an die Tanzwelt in der neuen Heimat gewinnen. In die Ausbildung beim Miami City Ballet nimmt man ihn nicht auf, im Freien tanzt er seinen Zorn und seine Ängste heraus. Doch er findet eine andere Schule und muss sich an den ungewohnten Umgangston dort gewöhnen: kühl, sachlich, längst nicht so herzlich wie in Havanna – und alles auf Englisch. Eine harte Zeit für Alexis. Ich will stark sein, spornt er sich an, obwohl er kein Vaganova-Typ sei, hochgewachsen und feingliedrig.

Viel Tanz sieht man bis hierher und auch im Weiteren: Proben bis zur Schweißglut, die Enttäuschung, beim renommierten Youth America Grand Prix doch keinen Preis gewonnen zu haben. Aber es geht aufwärts. Alexis hat eine neue Freundin gefunden, lädt am 18. Geburtstag seine Kameraden zu kubanischem Essen nach Hause ein, gewinnt für sein Abschlussexamen einen Preis – und erhält einen Vertrag für das San Francisco Ballet.

Knappe 100 Minuten fiebert man mit Alexis mit, durchlebt die Tiefpunkte und atmet erleichtert auf, weil Fleiß am Ende doch belohnt wird. Wenn sich nur alle Bühnenträume so erfüllen würden! Die Kamera ist immer dicht am Geschehen, zeigt Alexis oft in Großaufnahme, lässt an seinen Gefühlen, seiner Entwicklung hin auch zu modernen Tanzstilen teilhaben. Nebenher wird Havanna über kurze Sequenzen ins Bild gesetzt, der Malecón, das Capitolio, die Altstadt, das prachtvolle historische Palais der Escuela Nacional. Wer all diese Ort kennt, genießt außer der Geschichte ein Wiedersehen mit einer faszinierenden Stadt. Die Familie arbeitet hart, um Alexis die Ausbildung zu finanzieren – Genaueres erfährt man nicht. Alexis ist zwar singuläre Persönlichkeit mit festem Willen und steht doch auch stellvertretend für andere südamerikanische Jungen, die für ihre Vision alles geben und nach dem Studium viele große Kompanien dieser Welt bereichern.

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