Eine Woche voller Überraschungen
Pick bloggt über einen historischen Ball in Bad Ems, „Hidden Tracks – Trammpelpfade des Glücks“ in der Brotfabrik Bonn und den Ballettabend „Duato | Kylián | Naharin“ beim Staatsballett Berlin.
Na, Gott sei Dank! An ihrem zweiten Abend bewiesen die Franko-Kanadier nach ihrem eher sterilen Ludwigsburger „Pique Dame“-Einstand, dass sie mit Recht zu den profilierteren nordamerikanischen Ballettkompanien gezählt werden. Mit Choreografien von Ohad Naharin und Nacho Duato, die ja auch bei uns zu den heute gefragtesten Ballettautoren gehören, versetzten sie das volle Haus in helle Begeisterung, von der auch das schwächere „Beyond“, ein Oktett des Amerikaners Adam Houghland für vier Tänzerpaare zu Musik von Ralph Vaughan Williams profitierte.
Dabei zeigte sich wieder, wie enorm inzwischen der Einfluss ist, der von Jiří Kylián ausgeht – nicht nur bei dem Israeli Naharin und dem Spanier Duato, die beide für Kyliáns Nederlands Dans Theater wichtige Arbeiten geliefert haben, sondern auch bei dem aus Dallas stammenden Houghland, dessen vorsichtige Erkundung von tänzerischem Neuland jenseits der Grenzen an eines der frühen Schlüsselwerke Kyliáns für das Stuttgarter Ballett erinnert: seine „Rückkehr ins fremde Land“.
Von Naharin offerierten die Kanadier gleich drei verschiedene Stücke: das Duo „Passomezzo“, das die beiden Tänzer Sarah Gibson und Andrey Leonovitch sozusagen als schmunzelnden Auftakt servierten, dann die „Queens of Golub“, acht kanadische Amazonen, Nachfahren der Penthesilea, die ihre strengen Riten mit unnachgiebiger Härte gegen sich selbst praktizieren, bevor fünf Tänzer in „Black Milk“ als männliches Pendant sich einer kollektiven Zwangsverpflichtung unterwerfen, die sich mitleidslos gegen den einen ihrer Seilschaft wendet, der sich ihr verweigert. Mit elektrisierender Verve getanzt, demonstrierten die Kanadier hier ihre technische Versiertheit auch jenseits ihrer klassisch-akademischen Wohlerzogenheit, wie sie sie nach französischem Vorbild im fernen Montréal kultivieren.
Mit nicht weniger Elan stürzten sich drei Paare der Kompanie am Schluss dann in die katalanischen Beschwörungsriten von Duatos „Jardi Tancat“, seinem ganz und gar erstaunlichen Opus 1, das bei aller offensichtlichen Inspiration durch Kylián und sein kurz zuvor für Stuttgart entstandenes Ballett „Vergessenes Land“ von einer unbändigen, aus allen Nähten berstenden Kraft erfüllt ist: die Visitenkarte eines choreografischen Talents von wahrlich europäischem Format – in der Darbietung durch die Tänzer der Grands Ballets Canadiens sozusagen das Siegel ihrer globalen Kompetenz.
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