MAXimale Körperbeherrschung
Batsheva Dance Company mit „MAX“ beim Kampnagel-Sommer-Festival
Eine minimalistischer Bühnenraum, bestehend aus drei massiv wirkenden schwarzen Wänden und einem strahlend weißen Tanzboden, bieten die Kulisse für „Naharin´s Virus“, in dem der international gefeierte israelische Choreograf Ohad Naharin geschickt Handkes Publikumsbeschimpfung mit zeitgenössischem Bewegungsduktus verbindet.
Minimalistisch auch der Beginn dieses vibrierenden Tanzabends auf Kampnagel/Hamburg. Eine Tänzerin schlängelt sich an der rückwärtigen Wand entlang und versucht den eigenen Körper, die eigenen Bewegungen mit Kreide an diese zu bannen, während einer der männlichen Akteure das sprachliche Zepter, scheinbar in einem klassischen Anzug gekleidet, übernimmt, doch nichts ist so wie es scheint an diesem Abend, denn Naharin schafft es immer wieder die Konsumhaltung des Publikums zu durchbrechen, indem er das Publikum mit den geschickt eingestreuten Texten Handkes aufweckt und die klassische Erwartungshaltung des Zuschauers aufzulösen sucht.
Fulminante, kraftvolle Tanzsequenzen in denen die 16 hervorragenden Tänzer scheinbar mühelos an die Grenze der körperlichen Bewegungsmöglichkeiten gehen, wechseln sich ab mit zarten, feinfühligen und ruhigen Momenten, die unter die Haut gehen.
Die Tänzer dürfen aus sich herausgehen, schreien, brüllen, um anschließend wieder in sich selbst bzw. ihrem eigenen Raum zu versinken. Gegensätze werden ausgelotet, Gefühle gezeigt und geweckt, ohne in plakative theatralische und oberflächliche Mechanismen zu verfallen, denn die pure und minimalistische Grundstruktur wird konsequent durchgehalten, öffnet und verändert den Raum immer wieder aufs Neue.
Der musikalische Rahmen entstand durch die Zusammenarbeit mit dem arabischen Komponisten und Musiker Habbib alla Jamal, in dessen Musik Naharin nach eigenem Bekunden das fand, wonach er eigentlich gesucht hatte, geplant war ursprünglich jüdische Klezmer Musik. Seine energiegeladenen Kompositionen bilden die immer wiederkehrende Basis des musikalischen Konzeptes, das durch bereits bestehende und bekannte Stücke von Samuel Barber, Carlos D´Allessio, P. Stoke, P. Parson ergänzt wird.
Eine israelisch/arabische Zusammenarbeit, die im Dezember 2000 vor dem Hintergrund des erneuten Ausbruches der palästinensischen Intifada begann und somit auch eine politische Botschaft innehat. Die Botschaft am Ende der finalen Publikumsbeschimpfung, das das Stück gleich vorbei sei, wird vom Zuschauer erstaunt aufgenommen, denn selten vergingen 70 Minuten so schnell!
www.kampnagel.de, tickets@kampnagel.de, tel. 040/2709 4949
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