Gehen und Sprechen in der Halle G
Philipp Gehmacher kuratiert eine Woche lang Aufführungen für das Tanzquartier
Tanzquartier Wien: Philipp Gehmacher mit „like there's no tomorrow“
Eine Schulter ein paar Zentimeter höher als die andere, leichter Rundrücken. Die Beine schleifen schwer über den Boden, immer wieder fällt der Körper. Freier muten nur die Arme an, die Zeichen in eine scheinbare Leere setzen. Stille.
Der Salzburger Philipp Gehmacher hat in den letzten Jahren eine Körpersprache der Verweigerung entwickelt: Als wäre autonomes Handeln unmöglich (geworden) und das übriggebliebene Ich in den Augenhöhlen verschwunden. Sicht- und spürbarer kann gestockte Emotionalität solcher Menschen-Abbildungen kaum sein. Wären sie auch noch atmosphärisch unterlegt, könnten Zuschauer, denen solche Zustände nicht fremd sind, losheulen.
Seine Bühnen-Welt der Zurückgezogenheit, die international Anerkennung findet, öffnet er in der neuen, in Brüssel uraufgeführten Produktion „like there's no tomorrow“ mehr als zuletzt. Ähnlich wie in seinen jüngeren Arbeiten, etwa „incubator“, aber auch seinem Solo über Mozart, „das überkreuzen beyder hände“, inszeniert Gehmacher ein räumliches Bezugssystem.
Clara Cornil, Rémy Héritier und David Subal verhandeln in einem rechteckigen Bühnenteil der Halle G im MuseumsQuartier mit Gesten, Wegen und Blicken die Unmöglichkeit einer Zukunft zu begegnen. Vielmehr wird mit Handgesten reflektiert, erinnert, Verlust angezeigt. Die Grenzen zum pantomimischen Schau-Spiel sind fließend, das Timing ist musikalisch.
Dass sich der 75-minütige Abend trotz der verkörperten Schwere leichtfüßig ereignet, hat auch mit der dramaturgischen Unterstützung von Myriam Van Imschoot zu tun. Sätze werden eingeblendet. Etwa: „Manchmal vermisse ich dich so sehr, dass ich es kaum aushalten kann.“ Als öffnete sich das Denken Einzelner nach außen, das Gedanken-Fetzen voller Angst, Zweifel, Trauer, aber auch Skepsis und Abwehr preisgibt. Das „Material“ stammt u.a. von Sam Green, Jeff Buckley, Carl-Gustav Nykvist und Ang Lee. Das Gewicht einer gegenwärtigen Weltsicht voller Pathos ist auf der Bühne gelandet.
Link: www.tqw.at
Mit freundlicher Genehmigung des Kurier
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