Erotisch-magische Meditation
Das neue Festival „Ludwigsburg Dance“ eröffnet mit Nacho Duatos Compañia Nacional
Alles fließt. Ihre überreiche strömende, sich in zahlreichen Symmetrien spiegelnde Musikalität ist sicher die hervorragendste Eigenschaft von Nacho Duatos Choreografien, trotz aller modernen Ecken und Kanten. Seit nunmehr 18 Jahren leitet der Spanier die Compañía Nacional de Danza, Spaniens modernes Nationalballett, zwei Stücke ihres Direktors hatte die CND2, die Juniortruppe der Kompanie, bei ihrem gefeierten Gastspiel im Ludwigsburger Forum dabei.
Irgendwie hat Duato für seinen Choreografiestil den goldenen Mittelweg zwischen Intellekt und Sinnlichkeit, zwischen Folklore und Moderne gefunden. Sein Idiom beruht auf der modernen Klassik, ist beeinflusst von Jiri Kyliáns subtiler Leichtigkeit und Mats Eks kantiger Sprache, in seinem großen Reichtum an Assoziationen und Stimmungen aber auch von Maurice Béjart. Für „Remansos“ hat Duato das Männertrio „Remanso“, das er vor über zehn Jahren fürs New Yorker ABT schuf, mit drei Tänzerinnen erweitert. Zu Klaviermusik des spanischen Komponisten Enrique Granados reiht der Choreograf eine Folge von leichten, feinen Duos und Solos aneinander, sie umranken die sparsamen Symbole einer blutroten Rose und einer quadratischen weißen Wand. Mit ihr, hinter ihr und an ihr tanzen die drei Männer zum Schluss ihr geheimnisvolles Trio, geprägt wie der Rest des Stücks von den abgewinkelten Knien und Füßen, was bei Duato aber immer so leicht und federnd aussieht, als wären seine Tänzer nur für Sekunden in ihrem Flug aufgehalten worden.
In „Gnawa“ verschmilzt die Sinnlichkeit der mediterranen Folklore mit einer fließenden, modernen Eleganz. Kleine Leitmotive durchziehen die Choreografie, so zittern in den Duos des Hauptpaares immer wieder die Beine der Tänzerin in der Luft, wie der Schwanz einer Meerjungfrau. Das schnelle, sinnliche Wirbeln steigert sich, die Tänzer stacheln sich durch ihre Rasanz gegenseitig auf und das Stück tanzt sich in Extase, wie die mystische Sekte Nordafrikas, nach deren Musik das Werk benannt ist.
Ein völlig andere Tanzästhetik stand mit „Sin lo cual no“ („Ohne das nicht“) zwischen den beiden Werken Nacho Duatos. Der albanische Choreograf Gentian Doda ist Solist der Compañía Nacional und untersucht hier zu elektronischen Rhythmen und Geräuschen die Dynamik eines Kollektivs. Wie dumpfe braune Käfer krabbeln und robben die neun Tänzer auf dem Boden, geheimnisvoll von der Seite beleuchtet. Um sich zu wärmen oder zu schützen formen sie Knäuel, huschen gebeugt im Gleichschritt über die Bühne, bilden Ketten und kleinere Grüppchen, reagieren konfus und doch immer als Gemeinschaft, hämmern sich gar selbst mit den Fäusten in den Boden.
Dodas fremdartige Bewegungssprache vereint mechanische mit animalischen Assoziationen, lässt die Tänzer manchmal so erstaunt wie fremdgesteuerte Roboter und dann wieder verängstigt wie kleine Tiere aussehen, die sich Schutz suchend umeinander scharen. Eine spannende Idee, mit großem Einfallsreichtum umgesetzt - wie dieser ganze rundum beglückende Tanzabend.
Weitere Termine: 19. Februar Forum Leverkusen 22. Februar Burghof Lörrach 26. Februar Teo Otto Theater, Remscheid
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