Der Aggressiven Zähmung?
„Drang“ von Renegade und Malou Airaudo bei tanz nrw 21
„Warum tanzt Du?“ „Weil ich mich dabei frei fühle, weil ich Sehnsucht habe, Freude am Tanz, nicht anhalten kann, Tanz ist mein Leben.“ Immer wieder, charmant insistierend, stellt die Schauspielerin Anja Herden dem Tänzer Douglas Bateman, mit dem sie diesen Abend moderiert, die Frage. Seine Antworten stehen stellvertretend für alle Beteiligten der wohl ungewöhnlichsten Tanznacht, die Köln je erlebt hat. Zwölf Stunden fast nonstop bis zum Frühstück um 6 Uhr zeigten professionelle Tänzer gemeinsam mit ambitionierten Laien, welches Bewegungspotential in ihnen und – oftmals unerkannt – in der Stadt Köln steckt.
Unglaublich, dass in nur zwei Monaten Vorbereitungszeit das engagierte Team um die Choreografin Anja Kolacek und Marc Leßle nicht nur eine informative Website zum Tanz und über Tanzende in Köln auf die Beine gestellt hat (www.alleswastanzt.de), sondern die Tänzer, Choreografen, Ensembles, Gruppen, Schulen aus der virtuellen Welt auch noch zu dieser fantastischen Tanznacht in die Spichernhöfe holte. Selten war ein improvisierter Event so perfekt durchorganisiert. Enorm, welche tänzerische Vielfalt diese Stadt zu bieten hat! Ob Samba, Flamenco oder Bauchtanz, Hip-Hop oder Breakdance. Wie ernst diese meist als unterhaltend belächelten Tanzformen zu nehmen sind, zeigt das Tanzhaus Düsseldorf seit Jahren mit der „Orientale“ und Festivals für genau diese Sparten. Erstmals bekam man auch einen Einblick in die Arbeit von professionellen Tänzern, die nach ihrer Ausbildung nicht in einer städtischen Company oder freiem Ensemble untergekommen sind, sondern sich als Showtänzer und in Einzelengagements verdingen. Karlita Funk mit ihrem großartigen Solo „Quader“ gehört dazu. Auch Julia Poulet und Robb Morris, die auf klassischer Basis einen Liebes-Pas de deux als Showtanz zeigten, um nur zwei zu nennen. Dass in Köln gut die Hälfte aller Tanzschaffenden der freien Szene Nordrhein-Westfalens angesiedelt ist, hat kürzlich eine Studie des Landesbüro Tanz bestätigt. Sie alle waren auch dabei. Auffällig aber war, dass die Kölner Ballettschulen fehlten. Immerhin ist es ihr Bundesverband, der jährlich den deutschen Tanzpreis auslobt (Preisträger 2009: Heinz Spoerli). Nur die Tanzschule StallnigNierhaus zeigte mit ihrem Angebot an alte Menschen, dass Tanz mehr als Bewegung ist.
Unglaublich war auch das Kölner Publikum. Während die offiziellen Festivalveranstaltungen von „tanz-nrw-09“ in Essen und Düsseldorf unter mangelndem Publikumsinteresse leiden, war die Rahmenveranstaltung „Köln tanzt“ ein regelrechter Publikumsmagnet. Gut tausend Besucher drängten sich nach Angaben der Veranstalter in den Spichernhöfen. Damit hat Köln alles, was ein Tanzhaus braucht: engagierte Profis, eine Vielfalt an Stilrichtungen, ein neugieriges Publikum. Fehlt nur noch eins: das Tanzhaus selbst.
Infos: www.alleswastanzt.de
Nächster Festivaltermin: 16.05.09 – 20.30 h Studiobühne: Solo „Schimmer“, Henrietta Horn, 17.05.09 – 19 h, Hochschule für Musik und Tanz: „Shifting Grounds“, Neuhoff/Sander
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