Kampftanz in Knieschonern
Tanztheater über den Hochmut: „Superbia“ von Nicki Liszta in den Wagenhallen
Müssen wir denn auch noch Mitgefühl empfinden mit einer Femme Fatale? Fast scheint es der Programmzettel zu Nicki Lisztas gleichnamigem Solotanzstück von uns zu erwarten, wenn da etwas von der Zwiespältigkeit steht, in der sich die arme, begehrte Schöne angeblich befindet. Mit ihren roten Haaren und dem geheimnisvoll-schönen Gesicht sieht die holländische Darstellerin Ineke Wolters in der Tat aus wie eine dieser fatalen Diven, und meist bewegt sie sich auch sehr elegant mit der entsprechenden Allüre. Wie eine weggeräumte Schaufensterpuppe hängt Wolters aber erstmal oben in der Beleuchtung und seilt sich auf die Tanzfläche ab, um sich dann zu einer poppigen Showmusik wie beim Fernsehballett zu ergehen. Sie trippelt, swingt und kickt die Absätze, hat unverbrüchlich gute Laune und schäkert mit uns Zuschauern.
Wie schon in den anderen Stücken von Nicki Liszta wird das Publikum ganz offensiv angespielt und angemacht – wir sind da, um die Darsteller zu bewundern. Immer wieder setzt die aufdringlich-fröhliche Musik von Neuem ein, die gute Laune bekommt einen schalen Geschmack und wird künstlich. Dasselbe geschieht mit den romantischen Rendez-vouz-Vorschlägen, die unsere Verführerin alsbald ins Mikro haucht. Die Klischees aus dem Flirt-Katalog werden durch den Zufallsgenerator gemangelt, bis sie absurd klingen. Mit ihrem Höschen setzt die Dame noch eins drauf – das erscheint beim mimischen Nachempfinden eines Playback-Liebesliedes neckisch unter dem roten Kleid und fällt zu Boden… und noch eins… und noch eins… Sowohl bei ihren nachdenklichen Dialogen mit den männlichen Objekten ihrer Verführungskunst wie auch bei ihren musiklosen Tanzsolos lässt uns die Femme Fatale aber fortan im Unklaren, ob sie es ernst meint oder nur eine Rolle spielt.
Die Texte wie auch die Choreografien hängen wie der ganze Abend ein wenig in der Luft, wirken im Gegensatz zu Nicki Lisztas früheren, bissigen und körperlich fast schmerzhaft lostobenden Stücken ein wenig klebrig, ein bisschen zu frauenversteherisch. Das neue, knapp einstündige Solo der bisher so originellen und immer wieder überraschenden Choreografin spielt nicht mit Klischees, sondern kriecht bei ihrer Untersuchung zu tief in sie hinein.
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