„Finale Furioso“ mit „Giselle“ eröffnet
Fast eine Vàmos-Retrospektive...
Mit stehenden Ovationen feierten die Düsseldorfer Premierenbesucher von „Julien Sorel“ gestern Abend Youri Vàmos. Die Euphorie galt ein letztes Mal ihm persönlich. Denn unwiderruflich geht nun seine 13-jährige Ballettdirektion an der Deutschen Oper am Rhein (Düsseldorf/Duisburg) zuende. Auch Generalintendant Tobias Richter verläßt das Rheinland, hatte diese Saison zum „Finale Furioso“ deklariert und mit mancherlei Rosinen von jetzt und ehedem für Opern- und Ballettfreunde gespickt.
Vàmos' Ballett nach Stendhals „Le rouge and le noir“ ist durchaus nicht brandneu. Er schuf es unter dem Romantitel bereits 1988 als seine letzte Uraufführung für Dortmund. Erinnerungen an seine damaligen Startänzer – etwa Gilles Cochinaire, Edith Ebenberger, Anna Vita und Ralf Rossa – werden wach und auch an sein, in meinem Urteil, bestes Ballett „Lucidor“ nach Hugo von Hofmannsthals Erzählung (unerreicht mit Joyce Cuoco, für die er die Titelrolle, wie so viele, kreierte). Wie in „Lucidor“ setzt Vàmos in langen Soli auf Gefühle, zeichnet choreografisch hochsensible Konterfeis des ehrgeizigen Emporkömmlings Sorel, aber auch der beiden Frauen, die der Bauernsohn für seine Karriere mißbraucht und in Verzweiflung stürzt.
Valerio Mangianti – ein hochgewachsener Adonis, der Frauen unschwer den Kopf verdrehen dürfte – bewältigt Vàmos' mitunter recht gespreizte Bewegungssprache mühelos und elegant. Kaori Morito rührt als unglückliche Gattin des eiskalten Aristokraten, Madame de Rênal. Suzanne Kaic versprüht das ganze Feuer der leidenschaftlichen Verliebtheit der blutjungen Mathilde de la Mole mit fulminanten Pirouetten und Sprüngen. Etwas zu kurz kommen in diesem Ballett die Ensembleszenen – französische Revolutionäre im Schatten Napoleons und hochnäsige Aristokraten. Vàmos' an sich stimmige und originelle Musikwahl mit Werken des Engländers Edward Elgar leidet einzig darunter, dass zu viele schwerblütige langsame Sätze die ohnehin vorwiegend recht düster inszenierten Szenen unangemessen trist übertünchen. Etwas mehr Dynamik hätte der Geschichte aus der Zeit der französischen Revolution sicher nicht geschadet.
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