Ausgebildet und aufgefallen
Fünf Absolventen der Palucca Schule tanzen bei Dresden Frankfurt Dance Company
Was für aufregende Choreografen und Kompanien haben die Ludwigsburger Schlossfestspiele schon aus London ins sommerlich-schummrige Ambiente der Karlskaserne geholt, die explosive Energie Hofesh Shechters etwa oder die getanzten Gehirnwindungen Wayne McGregors. Jetzt schickte die englische Tanzmetropole mit „The Land of Yes and the Land of No“ sogar eine veritable Uraufführung, choreografiert vom dort ungemein angesagten Rafael Bonachela. Aber auch die kreative Londoner Szene hält nicht immer, was sie verspricht. Es war, ehrlich gesagt, ein bisschen kitschig. Und ein bisschen simpel. Der Spanier mit Wirkungskreis in London war lange Tänzer bei der renommierten Rambert Dance Company, wo er 1999 zu choreografieren begann. Dass Bonachela auch Bühnenshows für Kylie Minogue oder Tina Turner macht, muss ja nicht unbedingt schlecht sein: sie haben ihn engagiert, sagt der Choreograf, weil er eben nicht den üblichen Showtanz macht. Oder vielleicht, weil er wenig Substanz so schön verpacken kann?
Dem neuen Stück fehlt es an Tiefe, choreografisch wie inhaltlich. Mit einem dramatisch lauten Orgelakkord legt der zweiteilige Abend los, es erklingt reinste Minimal Music wie aus den Glanzzeiten von Philip Glass. Von keiner scharfen Note angekränkelt, von keinem atonalen Ton getrübt mäandern die repetitiven Skalen des italienischen Theaterkomponisten Ezio Bosso. Einmal tritt ein müder Schlachtengesang wie von Fußballfans zu den sämigen Streichern, deren Pathos immer wieder dramatisch anschwillt, dann singt jemand im traurigen Popballadenton „Halleluja“.
Bonachelas Solos, Duette und Ensembles für die sechs Tänzer seiner Kompanie sehen zunächst einfach schön aus – die fließende Bewegungssprache hat nichts Zackiges oder Eckiges, sie wirkt sinnlich und passioniert, durchzogen von einer großen Traurigkeit. Ironischerweise erinnert das Fließen an den Stil Jiří Kyliáns, den man in England gerne mal als Blödsinn vom Kontinent belächelt. Getanzt wird barfuß und in sommerlichem Weiß, oft bewegt sich die Gruppe gemeinsam und immer wieder fallen zwei Tänzer heraus, um ein Duo dagegen zu setzen. Im Hintergrund flimmern weiße Neonröhren in einem Gerüst aus Mondrian-artigen Linien und Ecken, bilden eine Türe, ein Kreuz, parallele Linien oder die Zahlen 1 und 0, vielleicht als Symbol für den binären Code der Computersprache. Denn es geht um die Zeichen, die uns umgeben, und wie sie Erinnerungen in uns wachrufen. Ein recht allgemeines Thema also, bei dem sich jeder nun seine eigenen Assoziationen einfallen lassen kann. Unterbrochen von einer fetzigen Einlage zu treibenden Rhythmen – für kurze Zeit scheint der Choreograf hier zuzugeben, dass es einfach nur schick aussehen soll - kehrt das Stück zum existenzialistischen Über-die-Bühne-Irren zurück und die zweiten 40 Minuten werden etwas lang. Mit der Zeit wirkt die inszenierte Empfindsamkeit gar prätentiös, denn Bonachela fehlt neben dem choreografischen Einfallsreichtum eines Jiří Kylián vor allem dessen Intellekt.
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